Graffiti und Tränengas

Graffiti und Tränengas

'Das Gesindel', höhnte der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan noch in der ersten Woche der Proteste gegen die Bebauung des Gezi-Parks am Taksim-Platz in Istanbul. Doch der Ministerpräsident realisiert langsam, was sein Kampf um die Gestaltung des Parks losgetreten hat: Würde die Türkei heute wählen, bekäme seine Regierungspartei AKP nur noch 35 Prozent der Stimmen. Bei den Parlamentswahlen 2007 erhielt die AKP noch die absolute Mehrheit mit 46,6 Prozent. Der Erfolg der AKP bestand in der Bekämpfung des autoritären Kemalismus und dem Versprechen, europäische Standards einzuführen, ohne EU-Mitglied sein zu müssen. Das ist die Vision der jungen Türkei. Doch inzwischen sind die Protestierenden, die bis zum Frühjahr 2013 mäßig politisiert waren, hoch motiviert. Unter ihnen befinden sich auch viele Künstler, Musiker und Schauspieler. Die Dokumentation 'Graffiti und Tränengas' porträtiert Intellektuelle, die sich als Teil der Gezi-Park-Bewegung sehen: Darunter das Fotografenkollektiv NAR, den Performance-Künstler Erdem Gündüz, der sich als 'Standing Man' eine eigene Form des friedlichen Protestes ins Leben gerufen hat, den Tänzer Ziya Azazi, der zur Ikone des friedlichen Widerstands wurde, weil er mit nacktem Oberkörper im Gezi-Park den kreisenden Derwisch mimte, und die Musikergruppe Kardes Türküler, die mit Töpfen und Pfannen lautstark ihren Unmut über die Regierungspolitik zum Ausdruck bringt.

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