Gernstl unterwegs in den Süden

Gernstl unterwegs in den Süden

Wenn es Frühling wird in München, kommt eine kollektive Sehnsucht auf. Die Sehnsucht nach Sonne, Licht und blauem Himmel. Dann kommt man auf die Idee, sich ins Auto zu hocken und über den Brenner zu brettern, Richtung Gardasee.

Auch Franz X. Gernstl und seine beiden Kumpane (Tonmann Stefan Ravasz und Kameramann HP Fischer) hat die Reiselust gepackt. Aber den drei Profi-Flaneuren gefällt es nicht auf der Autobahn. Sie pflegen eine kultiviertere Art des Reisens. Für ihre filmische Alpenüberquerung wählen sie kleinere, weniger befahrene Straßen und entdecken dabei Menschen und Geschichten, die dem zielstrebig Reisenden verborgen bleiben.

In Fügen, am Anfang des Zillertals, präsentieren sich die Tiroler Berge in ihrer ganzen Pracht. Da liegt es nahe, sich auch mit der alpenländischen Kultur zu befassen. Glücklicherweise gibt's im Goglhof gerade einen Jodelkurs für deutsche Touristen. Inklusive Jodeldiplom. Das lässt sich Reporter Franz Gernstl natürlich nicht entgehen.

Unten im Tal trifft er einen alten Bekannten. Herbert Holzer ist Modellbauer, ein detailverliebter Perfektionist. Die aktuelle Maschine "fliegt wie eine Große", meint er. Fürs Cockpit hat er sich selbst im 3D-Druck-Verfahren reproduzieren lassen.

Einem Bergbauern, der seiner Liebe zum Schreiben frönt, begegnet Gernstl in den Kitzbüheler Alpen: Sepp Kahn weist den Titel "Literat" bescheiden von sich. Schreiben sei sein Hobby, erzählt er, und die Geschichten fielen ihm einfach so zu, oben auf der Alm oder auch im Tal.

In Hall in Tirol entdeckt das Filmteam ein extravagantes Startup-Unternehmen, das so gar nicht in die Gegend zu passen scheint: Daniel Flock und Markus Schreiner züchten "Tiroler Alpen-Garnelen". In wohltemperierten Salzwasserbecken wachsen die exotischen Krebstiere stressfrei und ohne Antibiotika heran und schmecken deshalb - kurz gebraten - deutlich besser als die handelsübliche Tiefkühlware.

Während Gernstl durch die mittelalterliche Altstadt von Hall flaniert, kommt Hermann Graber mit seinem soeben erschaffenen "kubistischen Christus" angeradelt. Der Künstler, der sich selbst als "übriggebliebenen Hippie" bezeichnet, nimmt Gernstl mit in sein Freiluft-Atelier: an den Inn, an dessen Ufer er Treibholz und andere Fundtücke sammelt, aus denen er Skulpturen montiert.

In Innsbruck, der Hauptstadt Tirols, verschlägt es das Team in die Markthalle. Ganz hinten, zwischen den Gemüseständen, findet Gernstl Sabine Schöffauer. Sie war Stewardess und betreibt jetzt einen kleinen Schusterladen. Ihre erste vernünftige Tätigkeit, erzählt sie, während sie Gernstls alte Stiefel neu besohlt, "denn damit kann ich Leute glücklich machen - dich vielleicht auch".

Am Ende der ersten Etappe ihrer Reise treffen die Drei im roten Bus einen Abenteurer, der ebenfalls die Kunst des entschleunigten Reisens pflegt: Claudio Paris ist mit einem Reit- und einem Packpferd unterwegs nach Dresden. Dort will er seinen Sohn besuchen. Dreißig Tage dauert die Reise von Pergine über den Brenner bis an die Elbe. "Und zurück ebenso lange", lacht der Italiener.

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