
Falluja - verstrahltes Erbe
Die missgebildeten Kinder kamen nach 2004 zur Welt, als Falluja die grösste Militäroffensive seit der Invasion des Iraks 2003 erlebte. 15 000 Soldaten waren eingeflogen worden, um die rund 2000 irakischen Rebellen zu vernichten. Die US-Luftwaffe warf hunderte Tonnen Bomben ab. Auch Phosphorbomben wurden eingesetzt. Heute machen Kritiker diese chemischen Brandwaffen für die Missbildungen verantwortlich. Zum Beispiel Khalil Al-Naemi, der in einem der am stärksten bombardierten Viertel der Stadt lebt. 2005 gründete er die erste Hilfsorganisation für Kriegsopfer. Sein Ziel: So viele Informationen wie möglich zu sammeln, angefangen mit Berichten über kranke und missgebildete Kinder. Doch die Zunahme von Missbildungen bei Kindern scheint die irakischen Behörden nicht gross zu interessieren. Seit Kriegsende kam nur eine Studie heraus, die etwas Licht auf die Sache wirft. Sie wurde 2009 in Falluja durchgeführt und zeigt eine beunruhigende Zunahme von missgebildeten Neugeborenen, insbesondere einen rasanten Anstieg solcher Fälle ab 2005, ein Jahr nach der Schlacht. Verfasser des Berichts ist der britische Strahlenexperte Chris Busby. Er ist Sekretär des europäischen Komitees für Strahlenrisiken. Chris Busby liess die Bewohnerinnen und Bewohner von Falluja befragen und sammelte Wasser-, Boden- und Haarproben. Darin fand er 52 verschiedene Elemente. Das einzige Element, das für die Missbildungen und die Krebserkrankungen verantwortlich sein könnte, war Uran. Chris Busby ist überzeugt, dass nicht Phosphor, sondern Uran für die Missbildungen verantwortlich ist. Es ist nicht schwer, US-Soldaten zu finden, die durch Uran verstrahlt worden sind. Gerard Matthew diente 2003 sechs Monate im Irak und wurde nach seinem Einsatz schwer krank: Ein Gehirntumor wurde diagnostiziert, und er hat Nierenprobleme. Und Tochter Victoria, die nach seiner Rückkehr aus dem Irak gezeugt wurde, kam mit einer verkrüppelten Hand zur Welt. Das Bild erinnert an die missgebildeten Kinder aus Falluja.