Europa und seine Schriftsteller - Portugal erzählt von ...

Europa und seine Schriftsteller - Portugal erzählt von ...

Fast alle Denker und Schriftsteller haben sich mit der scheinbaren Unvereinbarkeit von Portugal und den Portugiesen auseinandergesetzt. Ihr Unvermögen, sich als Gemeinschaft zu verstehen, hat zur Folge, dass sie sich nur in der Diaspora als Gruppe wahrnehmen. Als sei das Land ganz im Westen Europas lediglich Ausgangspunkt und nicht Heimstatt einer Nation.

Die portugiesischen Autoren Mário de Carvalho, Lídia Jorge, Gonçalo M. Tavares und der mosambikanische Schriftsteller Mia Couto erläutern, was ihrer Meinung nach die portugiesische Identität ausmacht, die sich immer wieder neu erfindet.

Lídia Jorge spricht von einer "Dichotomie zwischen den Portugiesen und Portugal". Mário de Carvalho erklärt, warum viele glauben, dass Portugal ein wunderbares Land ohne die Portugiesen wäre. Mia Couto sieht gerade in der Fähigkeit des portugiesischen Volkes, die eigene Identität abzustreifen, seine große Stärke.

Die Geschichte hat es gezeigt: Ein Volk kann ohne eigenen Staat existieren. Doch gibt es ein Land ohne Volk? Die Schriftsteller strafen das in den Jahrzehnten des Salazar-Regimes propagierte Klischee vom einfachen, unterwürfigen Volk Lügen. Für Mia Couto sind die Wunden der Kolonialzeit längst nicht verheilt. Er versteht Literatur als Möglichkeit, an die Tabus der Geschichte zu erinnern.

Von der Nelkenrevolution über die mit dem EU-Beitritt verbundenen Hoffnungen bis hin zur heutigen Sparpolitik und Desillusionierung schließt sich der Kreis. "Vielleicht müssen noch ein paar Jahrhunderte vergehen, damit man weiß, was einen Portugiesen ausmacht", meint Mário de Carvalho. Erneut erscheint die Auswanderung als Ausweg aus der heimischen Hoffnungslosigkeit.

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