Entlang der Oder

Entlang der Oder

Von den großen deutschen Flüssen ist die Oder vielleicht der unbekannteste. Als Grenzfluss zum benachbarten Polen liegt er für die meisten Deutschen zu weit weg, um seine Ufer zu erkunden.
Bei Ratzdorf mündet die Neiße in die Oder. Dort am Deich erscheinen die Ufer - gerade bei Hochwasser - unerreichbar weit entfernt. Ratzdorf mit seinem berühmten Pegelhäuschen fühlt sich an wie der letzte Zipfel Deutschlands.
Einer der wenigen Gasthöfe in der dünn besiedelten Gegend ist die "Kajüte" direkt hinterm Deich. Lange stand das Gebäude mit dem großen Tanzsaal leer. Dorothee Schmidt-Breitung, eine Restauratorin aus der Gegend, die den "ollen Schwoof-Schuppen" trockengelegt und behutsam wieder flottgemacht hat, lädt hin und wieder zum Tanze ein.
20 Kilometer flussabwärts ragt plötzlich ein Wahrzeichen deutscher Industriegeschichte in den Himmel. Der Hochofen des Stahlwerkes Eisenhüttenstadt. Mitten durch die Anlagen führt eine der Trainingsrouten des Rudervereins Fürstenberg/Oder. Einige der Stahlwerker powern nach der Schicht weiter - auf einem Einer, Zweier oder Achter. Eine der Ruderinnen ist Kerstin Stein-Mahlig. Sie erzählt, wie es heute um den Arbeiterstolz der Stahl- und Hüttenwerker bestellt ist und welche Rolle das Nachbarland Polen für sie spielt.
Wohnen in Polen, studieren in Deutschland - dazwischen nur ein Fußweg über die Brücke. Dieses Modell gibt es ausschließlich in der Doppelstadt Frankfurt-Slubice. Im polnischen Studentenheim kosten die Zimmer nur etwa die Hälfte im Vergleich zu Frankfurt/Oder. Einige deutsche Studenten wohnen in Polen und müssen die Grenze täglich mehrfach passieren. Zum Beispiel Jan Wasser, der an der Viadrina Jura im ersten Semester studiert. Er zeigt das Studentenleben westlich und östlich der Oderufer. Was macht man zwischen den Vorlesungen, und wo werden die besten Partys gefeiert - auf der polnischen oder deutschen Seite?
Das Dorf Hohenwutzen ist wegen seiner Lage an der Oder berühmt bis mindestens nach Berlin. Denn es verfügt über eine Brücke nach Polen. Und über diese Brücke geht es für manche direkt ins Paradies - zum riesigen, sogenannten Polenmarkt direkt am gegenüberliegenden Ufer der Oder. Er ist der größte seiner Art. Täglich fahren gut gebuchte Shuttlebusse für fünf Euro aus dem 75 Kilometer entfernten Berlin hierher. Seit dem Ölpreisschock hat auch das Tanken in Polen wieder kräftig zugelegt, weshalb die Besucherzahlen auf dem Markt gleich mit gestiegen sind. Erhältlich ist alles, was das Herz von Schnäppchenjägern höherschlagen lässt: Korbwaren, Gardinen, Porzellan, Lebensmittel, Gartenzwerge. Ein Paradies für Schnäppchensammler.

Bewertung

0,0   0 Stimmen