Duell auf hoher See

Duell auf hoher See

Als am 30. April 1995 Greenpeace-Aktivisten die verlassene Ölplattform Brent Spar in der Nordsee enterten, deutete nichts auf eine erfolgreiche Kampagne hin. Der überrumpelte Ölmulti Shell reagierte zunächst nicht und hätte die Besetzer so beinahe schachmatt gesetzt. Der Konzern wollte den ausrangierten Öl-Zwischenspeicher einfach versenken und sich von ein paar Umwelt-Freaks davon nicht abbringen lassen. Doch als Shell vor laufenden Kameras die Besetzer gewaltsam vertrieb, kam es zu einer beispiellosen Spirale von Aufruhr und Entrüstung, die halb Europa erfasste.

Während Shell-Schlepper die Anlage auf den Haken nahmen, produzierte das Thema "Brent Spar" immer schrillere Schlagzeilen und Fernsehberichte. Zeitgleich mit Schlauchboot-Attacken auf hoher See hämmerten Greenpeace Campaigner dem Publikum an Land ihren Slogan "Das Meer ist keine Müllkippe!" in die Köpfe. Shell selbst machte alles noch schlimmer. Die Schlepper schossen mit Wasserkanonen auf Schlauchboote und Hubschrauber, Shell-Manager desavouierten sich und Teile des Unternehmens auf offener Bühne.

Die Medien waren wochenlang im Rausch der Bilder. Politiker wie Helmut Kohl und Angela Merkel ergriffen die Chance, beim Wähler mit kerniger Umweltrhetorik auf Kosten des Konzerns zu punkten. Die empörten Bürger konnten ihre Macht als Verbraucher ausspielen. Es kam zum größten Zapfsäulen-Boykott der Nachkriegsgeschichte. Aber als die erste Tankstelle brannte, drohte der friedliche Protest zu eskalieren. Am Ende verzichtete Shell wenige Stunden vor der geplanten Versenkung darauf und ließ die Brent Spar an Land verschrotten.

Der Film zeigt neben den dramatischen Ereignissen in der Nordsee zum ersten Mal die Geschichte hinter den Kulissen. Die berühmteste und erfolgreichste Greenpeace-Kampagne aller Zeiten entstand aus einem Zufall - gegen viele interne Widerstände. Beim Shell-Konzern offenbarte die Affäre neben naivem Technikglauben einen unfassbaren Mangel an Gespür für die öffentliche Meinung und eine hoffnungslos ineffiziente PR-Arbeit. Überraschend aber waren die Folgen: Für Shell war das Desaster eine Lehre, die den Konzern am Ende stärker aus seiner Niederlage hervorgehen ließ, als die Umweltschützer aus ihrem Sieg. Greenpeace stürzte in eine Sinnkrise.

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