Dresden - eine Stadt im Zwielicht
"Sie wissen nicht, was sie anrichten", sagt Richard Fordham, ein weißer Südafrikaner, der in Dresden ein Steakhaus betreibt. Er schüttelt nur noch den Kopf. "Jeden Montag Ausnahmezustand, dann ist das Stadtzentrum tot". Ein Minus von 100.000 Euro hat ihm Pegida im letzten Jahr eingebracht, weil die Gäste ausblieben. Zwei Angestellte musste er entlassen. Auf Lutz Bachmann angesprochen reagiert er ironisch: "Warum hat der was gegen Flüchtlinge? Er war doch selbst einer." Geflohen, nach Südafrika, nachdem der verurteilte Einbrecher eine Gefängnisstrafe antreten sollte.
"Was ist in Dresden los? Ist Dresden sicher für Ausländer?" Fragen, die der Rektor der Technischen Universität immer wieder hört, außerhalb Deutschlands, aber auch hier, wenn sich Interessenten über den Wissenschaftsstandort informieren wollen. Hans Müller-Steinhagen wirkt nachdenklich. Seit 25 Jahre führt der Weg der TU steil nach oben. Er hat sie zur einzigen Exzellenz-Uni im Osten gemacht, muss nun aber spüren, wie ihr Ruf Schaden nimmt. Es spricht sich in der Welt schon herum, dass ausländische Studenten und Wissenschaftler seiner Universität fremdenfeindlichen Attacken ausgesetzt sind. Weil er für Toleranz und Weltoffenheit eintritt, ist er selbst betroffen und wird bedroht.
Ardechir Pakfar ist Iraner. Als Neunjähriger war er mit seiner Familie nach Frankreich geflohen. Heute arbeitet er als Projektleiter beim HighTech-Unternehmen Globalfoundries in Dresden. Ihn interessiert Pegida, er mischt sich unter die Demonstranten und erkennt gewisse Parallelen zum Treiben des Front National in Frankreich. Für die Parole "Dresden bleibt deutsch!" hat er nur ein müdes Lächeln übrig. In seinem Team arbeiten Experten aus verschiedenen Ländern. Eine solche Internationalität ist für den gebürtigen Iraner die Bedingung für Spitzenleistungen und die Voraussetzung dafür, dass "Silicon Saxony" der HighTech-Leuchtturm in Deutschland bleibt.
Dresden - hier entstand ein einzigartiges Wissenschafts-Netzwerk der Exzellenz-Universität mit renommierten Forschungs-Instituten. Hier hat eine HighTech-Industrie, die den USA und Japan Paroli bieten will, für 50.000 Arbeitsplätze gesorgt. Einzigartige Museen, Orchester und die Semperoper präsentieren eine Kultur von Weltruhm. Außergewöhnliche Bedingungen für ein grandioses Image! Doch der Ruf der Elbmetropole ist bereits beschädigt, weil das Gift der Fremdenfeindlichkeit dabei ist, die Stadt zu verseuchen.
Die Reportage wird den Widerspruch zwischen großen Potenzialen und gespaltener Gesellschaft in der Stadt unter die Lupe nehmen, dabei aber auch deutlich machen: Es gibt weiterhin viele Dresdner, die sich gegen Rassismus immun zeigen, Ausländer als Mitbürger akzeptieren und Flüchtlingen unter die Arme greifen.