Die Wartburg-Story

Die Wartburg-Story

Eisenach 1955. Hinter verschlossenen Werkstüren und streng geheim entwickeln die Thüringer Autobauer das erste Automobil der DDR, das sich mit Modellen auf dem Westmarkt messen kann. Es ist eine 'Schwarzentwicklung' - eine Entwicklung ohne den Segen der Partei - und Staatsführung, eine Entwicklung vielleicht nur für den Reißwolf. Doch dann unvermittelt die Chance für die Eisenacher Ingenieure und Techniker. Spontan macht sich Werksleiter Martin Zimmermann mit dem gerade fertig gestellten Musterfahrzeug auf den Weg zum Berliner Ministerium für Maschinenbau. Doch der zuständige Minister ist nicht anwesend. Zimmermann beschließt, direkt das ZK der SED mit der Eisenacher Entwicklung zu konfrontieren. Staunend stehen die Genossen vor dem auf Hochglanz polierten, viertürigen Fahrzeugtyp 'EMW 311', dem ersten Wartburg. Dieser überraschenden 'Offerte der Arbeiterklasse' kann sich die Partei, trotz des 'Vergehens' gegen die Planvorgaben, nicht verweigern. Der Bau des neuen Fahrzeugs wird genehmigt - über Zimmermann jedoch eine Disziplinarstrafe verhängt. Zur Leipziger Frühjahrsmesse 1956 ist es dann soweit. Die erste Präsentation vor nationalem und internationalem Publikum. Die Wartburg 311-Modelle erregen großes Aufsehen. Das Wartburg Sportcoupé wird schon bald auf dem Berliner Kurfürstendamm oder auf dem Genfer-Automobil-Salon 1958 genauso bestaunt wie in Leipzig und Dresden. Fotos und Filme zeigen den Wartburg vor der Sky-Line New Yorks, vor der Akropolis, im finnischen Lappland oder den ägyptischen Pyramiden. Die im Export erzielten Devisen sind der DDR-Staatsmacht willkommen. Die Weiterentwicklungen der Eisenacher gehen den Machthabern jedoch allzu sehr in Richtung eines westlichen Standards. Für die Genossen im ZK Grund genug, die Wartburg-Macher auszubremsen: 'Wir wollen keinen Pkw für Snobs!', meint Politbüromitglied Günter Kleiber. Eine vernichtende Vorgabe für die Kreativität der Autobauer. Doch im geheimen werkeln sie weiter an Design und Motorisierung. Besonders der Zweitaktmotor trübt das Erscheinungsbild des DDR-Traumautos.

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