Die wahre Miss Marple

Die wahre Miss Marple

In vier Leinwand-Adaptionen der berühmten Agatha-Christie-Romane kämpfte sich Margaret Rutherford als äußerst scharfsinnige und schrullige Miss Marple durch die kniffligsten Mordfälle. Erstaunen erregten dabei nicht nur die überraschenden Wendungen und zielsicheren Analysen ihrer Ermittlungsarbeit, sondern auch ihre unerschütterlich robuste Erscheinung: Die Nase zum detektivischen Schnüffeln stets einsatzbereit, das Kinn frech nach vorne geschoben und - last, but not least - das Herz am richtigen Fleck. Das eigene Leben der Margaret Rutherford war mindestens so exzentrisch und skurril wie die Geschichten, in denen sie als Leinwanddetektivin ermittelte. Ihr Vater erschlägt den eigenen Vater, einen Pastor, mit einem Nachttopf. Ihre Mutter begeht in der fernen britischen Kolonie Indien Selbstmord. Ein transsexueller Adoptivsohn, der sich als einer der ersten Männer zur Frau umoperieren lässt, ehelicht seinen schwarzen Butler. Und ein Cousin wird ein bekannter britischer Labour-Politiker. Den Ungereimtheiten und Geheimnissen im Leben der Miss Rutherford auf die Schliche zu kommen, gleicht der brisanten Detektivarbeit ihrer filmischen Doppelgängerin. Jenseits der Marke Miss Marple offenbart der Dokumentarfilm eine gleichzeitig nachdenkliche wie großzügige, vor allem aber erstaunliche mutige Lady, die ihrer berühmtesten Rolle in nichts nachstand. Rutherfords Traum war es stets, Shakespeares feminin-zerbrechliche Julia zu spielen. Die Rolle ihres Lebens hingegen sollte sie im Alter von 70 Jahren mit vollem Einsatz und fern jeder Zartheit verkörpern. Die Komik der frechen und anpackenden Miss Marple steht dabei im Kontrast zu der tragischen Vergangenheit von Miss Rutherford - und wurde zu ihrem späten Triumph.

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