Die Reportage: Mein Leben als Melker

Die Reportage: Mein Leben als Melker

Neun Stunden täglich schuftet Melkerin Dagmar Dreßel im Kuhstall einer Agrargenossenschaft. Die 54-Jährige arbeitet fast wie im Akkord. Sie versorgt 170 Kühe. Auch ihr Mann Peter arbeitet als Melker, für acht Euro die Stunde. 'Das ist nicht viel, aber man muss ja froh sein, dass man auf dem Land überhaupt noch einen Job hat.' Das Ehepaar wohnt in Langwitz, einem Dorf im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte. Es zählt mittlerweile nur noch 119 Einwohner. 'Viele sind weggezogen, weil es keine Beschäftigung mehr gibt', sagt Peter Dreßel. Er selber kann sich nicht vorstellen, anderswo zu leben. 'Langwitz ist Heimat, hier bin ich verwurzelt.' Der 50-Jährige arbeitet täglich in zwei Schichten für etwa 1.500 Euro brutto im Monat. Morgens um 2.15 Uhr klingelt der Wecker. Dann folgt ein langer Arbeitstag im Nachbarort Neu Schönau. Den Stall, in dem sämtliche Rinder stehen, ausmisten, Kühe melken, die Tiere füttern. 'Das Futter ist das A und O', meint der Melker. Abends um 18.30 Uhr hat das Ehepaar Feierabend. Jede freie Minute verbringt Peter dann bei seinen Tauben und Hühnern, die auch schon mal in der Suppe landen. Wenn für andere das abendliche Fernsehprogramm startet, ist für die Eheleute der Abend vorbei. Spätestens um 21 Uhr gehen sie zu Bett, denn schon fünf Stunden später klingelt der Wecker. Zwischen den Schichten bleibt nicht viel Zeit. Ihre Lebensmittel besorgen die Dreßels in ihrem Dorfladen. Der nächste Supermarkt ist 15 Kilometer entfernt. Aber in 'Heidis Landmarkt' gibt es das Nötigste, und meistens treffen sie dort auch alte Bekannte aus früheren Stallzeiten. 'Melker will heute keiner mehr werden', erzählt Dagmar Dreßel. 'Viel Maloche für wenig Geld.' Sie schiebt ihre Schichten morgens und nachmittags in einem Kuhstall in Langwitz. Zu DDR-Zeiten hat das Ehepaar noch zusammen in der LPG gearbeitet. Beide stehen seit fast 30 Jahren im Rinderstall. Dagmar Dreßel hofft, dass sie die anstrengende Arbeit noch bis ins Rentenalter durchhält. 'Meine Schulter schmerzt inzwischen immer häufiger', verrät sie. Stefan Weiße und sein Kamerateam haben den anstrengenden Alltag der Dreßels gut eine Woche lang begleitet. Dabei hat der NDR Autor erfahren, dass es in Mecklenburg-Vorpommern immer weniger gut ausgebildete Melker gibt. Ein großes Problem für die 630 Milchhöfe im Land. Wer soll zukünftig die 170.000 Kühe melken?

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