Die Koffer des Herrn Spalek

Die Koffer des Herrn Spalek

"Wir sind die Letzten, fragt uns aus. Wir tragen den Zettelkasten mit den Steckbriefen unserer Freunde wie einen Bauchladen vor uns her", sagte der Schriftsteller Hans Sahl. John Spalek ist einer dieser Letzten. 1928 in Warschau geboren, ist seine Familie vor den Sowjets aus Polen geflohen. Gleich vielen, die sich damals vor den Nationalsozialisten in Sicherheit brachten, verschlug es auch ihn in die USA als seine neue Heimat. Seither lebt er dort. Aber er ist und bleibt Emigrant. "Wenn einmal die Wurzeln gekappt sind", sinniert er, "scheint es nicht möglich, sie wieder wachsen zu lassen, in dem Sinne, dass man sich mit einem Ort ganz identifizieren könnte." Ein Emigrantenschicksal - eines von Unzähligen. Doch nicht das eigene interessiert den emeritierten Professor für deutsche Literatur, sondern das der anderen. Seit mehr als vierzig Jahren sammelt er Unterlagen, Materialien und Dokumente deutschsprachiger Emigranten in den USA, in der Mehrzahl jüdischer Familien. Über 3.000 Emigranten sind in seinem Notizbuch erfasst. Jeder Name Synonym eines bewegten Lebens. Unermüdlich, ruhelos - unbeschadet seines hohen Alters - reist Spalek noch immer durchs Land, kontaktiert Zeitzeugen, fragt sie aus und sichert deren Bestände. So ist der Film "Die Koffer des Herrn Spalek" zu einem Essay über das Bewahren des kulturellen Gedächtnisses geworden. Ganze Biografien werden dem Tod wieder entrissen. Osiris erwacht zu neuem Leben, heißt es im Prolog. Dabei begleitet der Film einen schier Unentwegten, der in seiner Leidenschaft, in seiner leisen Verschmitztheit und Vitalität schnell für sich einnimmt. Und schließlich ist der Film auch die Verbeugung vor dem Alter. "Ich brauchte mich nur an John Spaleks Fersen zu heften. Immer wieder stieß ich auf Menschen, hochbetagt, die mich berührt, mich begeistert haben. Ich wäre froh, wenn auch nur ein Hauch davon auch in meinem Film spürbar wäre", meint Filmautor Gregor Eppinger.

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