
Die hungrigen Kinder von Schwerin
Mehr als einmal sah er Kinder, die Essensreste aus der Mülltonne fischten, weil sie der Hunger plagte. Das waren für Peter Grosch, der schon die Schweriner Tafel ins Leben gerufen hatte, Schlüsselerlebnisse. Er gründete zwei Suppenküchen speziell für Kinder und Jugendliche. Nirgendwo in Deutschland ist die Not der Kinder so verbreitet wie in Schwerin. In der Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern lebt über ein Drittel der jungen Generation in Hartz-IV-Familien. Peter Grosch ist hauptberuflich Chef der evangelischen Suchtkrankenhilfe. 'Wenn Teenies vor dem Alltag flüchten, sind Alkohol und Drogen nicht mehr weit', weiß der Berater. Das durchschnittliche Einstiegsalter seiner Schützlinge in eine Sucht beträgt zwölf Jahre. Ehrenamtlich betreut der engagierte 54-Jährige mehr als die 20 Suppenküchen in Mecklenburg-Vorpommern. Vor ein paar Jahren hat er in Schwerin ein Sozialkaufhaus eingerichtet. 'Viele Kinder sind noch nie in den Geschäften der Innenstadt gewesen', weiß er, 'ihre Plattenbausiedlungen haben einige noch nie verlassen.' Damit die Kinder ihre Stadt kennen lernen und sehen, dass die Welt nicht hinter ihren Wohnhäusern endet, organisiert Groschs Ehefrau Dietlind Ausflüge für die Kleinen. Ehrenamtlich hilft auch sie bei der Schweriner Tafel, verteilt Lebensmittel, wenn die Menschen bei Eis und Schnee Schlange stehen für eine Tüte mit Grundnahrungsmitteln. Vor allem aber ist sie für ihre sieben Pflegekinder da. 'Unsere eigenen Kinder sind inzwischen groß. Jetzt übernehmen wir eben eine neue Aufgabe.' Thomas Karp begleitete Peter Grosch zwei Wochen lang bei seinem Kampf gegen die Armut, pendelte mit ihm zwischen Schweriner Tafel, Suppenküchen, Drogenklinik und Sozialkaufhaus.