Die Große Messe
George Balanchine, der viel bewunderte Choreograph und Schöpfer des New York City Ballet, hat einmal leicht verächtlich erklärt, er kenne keine frommen Schritte, darum halte er sich vom choreographischen Zugriff auf die kirchenmusikalischen Meisterwerke der Jahrhunderte entschieden zurück. Auch Uwe Scholz kannte natürlich keine frommen Schritte. Aus dem einleuchtenden, übrigens einzigen Grunde: Es gibt sie nicht. Genauso wenig übrigens wie fromme Noten. Auch Mozarts Messe c-moll KV 427, die unvollendet blieb, ist mit den denkbar herkömmlichsten Noten geschrieben. Es könnten dieselben sein wie zum, "Frühlingsstimmenwalzer" einer Brahms-Symphonie, einem Volkslied, einem lang herausgesungenen Jauchzer. Das Wunder des unüberhörbaren Aufrufs zur Frömmigkeit in Mozarts Messe entsteht erst nachträglich: durch die Verbindung mit dem heiligen Wort. Die Messe weiß zu ergreifen. Sie stimmt nachdenklich. Sie weist den Glaubensweg zum Himmel empor. Man fühlt sich von Frömmigkeit umfangen. Mehr noch: von ihr geradezu eingefangen.