
Die Grafen von und zu Hoensbroech und ihr Traum vom Schloss
Severin Ulrich Clemens Wilfried Maria Graf von und zu Hoensbroech zieht um - von Köln nach Türnich. Dort, malerisch an der Erft gelegen, befindet sich der Familiensitz der Grafen. Das Schlösschen könnte ein Juwel sein - wäre es nicht durch die Grundwassersabsenkung des Braunkohletagebaus so nachhaltig beschädigt worden, dass es beinahe auseinandergebrochen wäre. Severins Eltern mussten ausziehen, zogen um in die Vorburg, prozessierten 27 Jahre lang gegen Rheinbraun. Am Ende war ihr Vermögen aufgebraucht und die Entschädigung von Rheinbraun reichte gerade für die notdürftige Sicherung des Gebäudes. Die Millionen, die eine Renovierung von Schloss Türnich verschlingen würde, hatten sie nicht mehr. So kümmerten sich Severins Eltern, Godehard Graf von und zu Hoensbroech und seine Frau Marie-Thérèse, um ihren biologisch-dynamischen Obstpark, bauten die Umgebung des maroden Schlosses zu einem Ort der Natur und Ruhe aus und hofften auf bessere Zeiten. Doch mit dem Sohn kommt neuer Schwung und Zuversicht an die Erft. Der junge Graf, von Beruf Schauspieler und Regisseur ohne jede adlige Attitüde, hat sich entschlossen, das Erbe anzutreten und das Schloss auf Vordermann zu bringen - mit viel Humor und dem Mut der Verzweiflung: 'Ich stelle mir natürlich die Frage, bin ich eigentlich total bescheuert, das zu machen? Und wir müssen uns als Familie schon auch immer motivieren, das durchzuhalten und daran zu glauben, dass wir den Ort hier ans Blühen kriegen.' Also wälzt er Pläne: Investoren müssen gefunden werden, eine Mischung aus Kultur und Natur einerseits und Veranstaltungen der Wirtschaft, die Geld bringen, andererseits schwebt ihm vor. Die Parkführungen für das Publikum werden dank Severins schauspielerischem Talent zu einem kurzweiligen Ereignis, ein Hoffest samt Schlossführung wirbt für den Ort und die Familie. Und das ist bitter nötig: Im Gegenzug zur Entschädigungszahlung hatten sich die Grafen von und zu Hoensbroech damals verpflichten müssen, über die Höhe der Summe Stillschweigen zu wahren - nicht ahnend, welche Gerüchte das nach sich ziehen würde: 'Ich hab schon 60 Millionen gelesen, die wir bekommen hätten. Stand auch schon in der Zeitung!' sagt Severin. 'Das ist ein Albtraum!' Denn so stand die Grafen-Familie in den Augen vieler Türnicher als Verschwender da, die das Geld verprassen und ihr Schloss verkommen lassen. Doch jetzt kann Severin den ersten Erfolg verbuchen: Rheinbraun ließ sich erweichen, die Schweigeklausel fallen zu lassen. Erleichtert wendet sich die Familie an die Presse: 'Also in Euro gesprochen haben wir 1997 eine Entschädigungssumme von 3,5 Mio von Rheinbraun bekommen. Diese Summe ist restlos in den Unterhalt des Gebäudes und des Denkmalkomplexes Türnich geflossen.' Inzwischen rückten auch die Maler an, das Schloss erstrahlt in hellem Glanz - und die Grafenfamilien und mit ihnen die Türnicher wagen wieder zu glauben, dass das Juwel an der Erft Wirklichkeit werden kann....