Die fetten Jahre sind vorbei
Von Arbeitsethos bis Zuversicht - wer hinter die Kulissen von Wirtschaft und Mittelstand schaut, findet viel davon. Nur die Zahlen sind schlecht. Was ist nur los in Deutschland?
Corona-Folgen, Ukrainekrieg, globale Konkurrenz - all das lastet auf deutschen Unternehmen. Sie ringen mit hohen Energiepreisen, Fachkräftemangel, Bürokratie, politischen Vorgaben. Dennoch heißt es oft: Wir wuppen das, denn die Substanz stimme doch. Stimmt das noch?
In Ostdeutschlands "Solar Valley" in Sachsen-Anhalt sieht es mal wieder düster aus. "Meyer Burger", ein Photovoltaik-Unternehmen aus der Schweiz, will von Deutschland in die USA verlagern. Dort ist die staatliche Unterstützung einfach besser, verspricht der Standort eine leuchtende Zukunft.
Hierzulande nicht. Deutschland ist ein Ausnahmeland. Während die großen Wirtschaftsmächte USA und China subventionieren, was das Zeug hält, gilt hierzulande das Gesetz von Schuldenbremse und Sparsamkeit. Die fetten Jahre sind vorbei, in denen das Land vom Rückenwind der Globalisierung und dem europäischen Binnenmarkt profitierte. Viele Investitionen wurden versäumt, von Ausbildung über Infrastruktur und moderne Energienetze bis zu neuen Trends wie Wasserstoff. Den würde das Rostocker Unternehmen H2APEX gern produzieren und in die alten Gas-Netze schicken.
Und der Marktführer im Feuerverzinken von Stahl, "ZINQ GmbH", würde den Wasserstoff liebend gern abnehmen, um seine Zinkbäder nachhaltig zu beheizen. Doch das funktioniert erst einmal nur in Belgien und erst deutlich später im Ruhrgebiet. Dem Geschäftsführer geht es wie vielen zu langsam mit Deutschlands Aufbruch in ein nachhaltiges Industriezeitalter, in dem Mittelständler wie er viel Forschungswissen und Fachkenntnisse in Standortvorteile ummünzen könnten.
Teure Energie ist eine Herausforderung, wenig Nachwuchs eine andere. Dazu kommen Bürokratie, eine hohe Abhängigkeit vom Export und ein traditionell eher schwacher Binnenmarkt. Deutschland, das zeigt auch der Blick in Robotik, Maschinenbau, Automobilzulieferung und Digitalisierung, kann mit knappen Ressourcen hervorragend wirtschaften. Aber man muss es die Wirtschaft auch mal tun lassen.
Wo können in Zeiten knapper Kassen Ressourcen freigesetzt werden? Wo sind die Leitplanken, auch der Politik, in die neue nachhaltige Wirtschaft, die mit geringeren Energie- und Rohstoffkosten wieder mehr Chancen für alle eröffnet?
"ZDF WISO" unterwegs auf Deutschlandreise - sowohl zu denen, die am Standort zweifeln, als auch zu denen, die hier mehr wagen wollen.