Die Farben des Paradieses

Die Farben des Paradieses

Wenn es ein Paradies gibt, dann hat es die Farben und Geräusche eines iranischen Bergdorfes, mit knallrotem Mohn, leuchtend gelben Rapsfeldern und flirrendem Blattgrün: Eine Natur wie im Rausch. Man sieht mit eigenen Augen, doch man lauscht auch mit den Ohren, tastet mit den Fingern des blinden kleinen Mohammads (Mohsen Ramezani) nach den Kieseln im gluckernden Wasser. Unmittelbar scheint die Wahrnehmung des Kindes auf den Zuschauer auszustrahlen. Mohammad hört das Anschleichen der Katze, ein verirrtes Vogeljunges piepsen, und tastet sich behutsam an der Baumrinde entlang, um das Küken ins Nest zurückzulegen. Doch seinem abergläubischen Vater (Hossein Mahjub) ist der Sohn eine Last und eine Schande, und es ist herzzerreißend anzusehen, wie er Mohammad vor der Blindenschule in Teheran warten lässt. Am liebsten würde er ihn über die Sommerferien dort lassen. Die Liebe, die ihm der verwitwete Vater nicht gibt, erfährt das sensible und intelligente Kind stattdessen in seinem Heimatdorf im Kreise seiner Schwestern und seiner Großmutter (Salemeh Feizi), mit denen es Blumen sammelt und Tiere füttert. Als der Vater erneut heiraten will, bringt er Mohammad heimlich fort zu einem blinden Tischler (Morteza Fatemi), bei dem der Junge von nun an in die Lehre gehen soll. Der Großmutter bricht es das Herz, und sie kommt ums Leben, nachdem sie aus Protest das Haus verlassen hat. Das böse Omen lässt die Hochzeit platzen und stellt den egoistischen Vater vor eine existenzielle Entscheidung. Traditionell dienen kindliche Laiendarsteller im modernen iranischen Film dazu, die Zensur zu umgehen und trotzdem etwas Wesentliches über die Gesellschaft auszudrücken. Vor idyllischem Hintergrund erzählt Majid Majidi, mit biblischer Einfachheit und poetischer Einfühlung, eine nur zu alltägliche Geschichte über einen Mann, dessen Vorurteile und die Angst, sein Gesicht zu verlieren, zerstörerisch wirken. Doch trotz seiner Unfähigkeit, seinem Sohn vorbehaltlos zu begegnen, wird der schwache Vater nicht verurteilt.

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