
Die andere Seite des Lebens
Lucky und Bongani, zwei Brüder aus einem Township Kapstadts, werden wegen Mordes in die Untersuchungshaftanstalt von Kapstadt eingeliefert. Im Gefängnis gelten die gleichen Regeln wie auf der Straße: Man muss sich Respekt verschaffen, um zu überleben. Nach einem Monat bezahlt die Großmutter der Brüder unerwartet die Kaution. Nach Alter Tradition werden sie für einen Monat in der Wildnis ausgesetzt, um sich dort dem uralten Initiationsritus zu unterziehen, der sie zu Männern macht. Zurück in der Stadt, erwartet die Beiden die knallharte Realität. Das Regiedebüt der Münchner Filmemacher Stefanie Brockhaus und Andy Wolf, entstanden als Übungsfilm an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film, wirft einen klugen, vor allem wertfreien, zurückhaltenden und unsentimentalen Blick auf das Leben und die Zukunft von Lucky und Bongani.rr
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Lucky und Bongani geben sich cool und glauben, den Durchblick zu haben. Um in einem Township Kapstadts zu überleben, haben sie früh ihre Lektionen gelernt: Wo besorgt man sich Stoff, wo ein bisschen Kohle, wie baggert man Mädchen an, und wie wird man sie schnell wieder los. Die beiden Brüder teilen alles miteinander: das Bett, das Essen und nun sogar eine Anklage wegen Mordes. Im Gefängnis erhalten sie als erstes eine unmissverständliche Unterweisung, welche Spielregeln dort gelten. Schnell müssen sie checken, mit wem man sich anlegen kann und wem man dienen muss. Auf Kaution frei gekommen, erwartet sie etwas ganz Besonderes. Eine Initiation ganz anderer Art. 1200 Kilometer östlich von Kapstadt unterziehen sie sich dem Beschneidungsritus, wie es schon ihre Urahnen gemacht haben, um so zu Männern zu werden, Würde und Respekt zu erlangen. Von den Schnittwunden gezeichnet, die der Ritus verlangt, leben sie allein in einem Zelt, fernab der Zivilisation: 'Schmerz, Kälte, der Regen, nächtelang allein, wochenlang allein in den Bergen, das verändert einen geistig', meint einer der Brüder. Sie durchlaufen drei Kulturkreise, von denen ein jeder seine eigenen Gesten und Riten einfordert. Schmerzhaft zeigt sich der tiefe Riss zwischen den Generationen. Die Alten haben noch die Ehrgefühle afrikanischer Traditionen im Leib, die Nachfolgenden nur eine knappe Chance, der Verwahrlosung in den Vorstädten zu entkommen. Stolz kehren sie als Männer in ihr Township zurück, doch die harte Realität hat sie bald wieder fest im Griff. Und sie fallen in die alten Verhaltensweisen zurück, hängen mit Freunden ab, lassen sich in gefährliche Streitereien ein - eine Gegenwart ohne Zukunft, in der es nur einen Halt und eine Hoffnung gibt: ihr absolutes Zusammengehörigkeitsgefühl, die absolute Gewissheit, dass der eine den anderen auffängt. Dann kommt der Tag ihres Prozesses - zwei Jahre nach ihrer Verhaftung - nach etlichen Verschiebungen und Unterbrechungen - stehen sie mit vier anderen Angeklagten wegen eines gemeinschaftlich begangenen Mordes vor Gericht.