Der Märchenerzähler

Der Märchenerzähler

Es duftet aus der Küche: Der Algerier hat ein köstliches 'Couscous Royale' zubereitet: mit feinen Lammhaxen, kräftigen Merguez-Würsten, mit Zucchini, Sellerie und reifen Tomaten, mit Safran, Kreuzkümmel, Koriander und Nelke. Einen dunklen Burnus über den Schultern, einen Turban auf dem Kopf, silberne Ohrringe: So begrüßt Charles Aceval seine Gäste in Weil im Schönbuch. Die acht Zuhörer nehmen Platz auf niedrigen Sitzkissen rund um einen schmalen Tisch. Einen Abend lang tauchen sie ein in die Märchenwelt des Maghreb, in die muslimische Welt zwischen Tanger und dem Hohen Atlas. Sie lassen sich verzaubern von Erzählungen aus der Welt der Nomaden: von der Kamelstute Nägga, die honigsüße Datteln in die nächste Oase bringt, von Ahmed, der zweifelt, ob Allah ihm den richtigen Weg durch die Wüste weist und von Fatima, die nicht auf ihre streng religiösen Eltern hören will und entgegen der Tradition einem Mann aus dem fernen Europa in seine Heimat folgen möchte. Die Tagesreportage 'Der Märchenerzähler' folgt dem Algerier Charles Aceval beim Einkaufen auf dem Tübinger Markt, schaut ihm beim Kochen über die Schulter, begrüßt mit ihm abends seine Gäste und lauscht mit ihnen den fantastischen Geschichten aus seiner Heimat. Der Film nimmt Zuschauer mit in die Märchenwelt Nordafrikas und in die Gedanken- und Lebenswelt der Muslime dort. Charles Aceval setzt sich beim Kochen kritisch mit der islamischen Welt seiner Heimat auseinander: 'Nennen Sie mir ein islamisches Land, in dem wirklich Frieden ist', sagt er und: 'Eigentlich will der Islam Frieden und Verständigung, aber die Menschen zündeln fast überall; tolerant gegenüber anderen Religionen erlebe ich sie nicht, wenn ich heute nach Algerien komme'. Und dann, zwischen Couscous und Minzetee, erzählt er weiter. Manche der Erzählungen sind schon fast 1.000 Jahre alt; die meisten hat seine Mutter ihm und seinen Geschwistern früher an langen dunklen Abenden erzählt, wenn die Kinder Hunger und die Mutter nichts für sie zu essen hatte.

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