Der Liebling der Deutschen - Heinz Rühmann
Am 7. März 2002 wäre Heinz Rühmann 100 Jahre alt geworden. Noch heute nennen die weitaus meisten Deutschen auf die Frage, wer ihr Lieblingsschauspieler sei, seinen Namen. In unzähligen Rollen spielte Rühmann den kleinen Mann mit dem verschmitzten Charme, den unbeholfenen Liebhaber, den vom Schicksal Benachteiligten - einen 'reaktionären Revolutionär' nannte ihn Helmut Käutner, Regisseur des 'Hauptmann von Köpenick'. Privat war Erzkomiker Rühmann eher humorlos, pedantisch und wenig gesellig - und der kleine Mann lebte auf großem Fuß, hatte viele Affären, liebte schnelle Autos - und vor allem das Fliegen.
Schon 1931, von seinem ersten Geld als Filmschauspieler - er hatte in 'Die Drei von der Tankstelle' gespielt - , kaufte er sich ein Privatflugzeug. Mit dem Kunst-und Kampfflieger Ernst Udet war er befreundet. Rühmann stammt aus dem Ruhrgebiet, aus kleinen Verhältnissen - seine Eltern betrieben die Bahnhofswirtschaft in Wanne, dem heutigen Wanne-Eickel. Sein Vater beging Selbstmord, nachdem er sich finanziell übernommen hatte. Im Dritten Reich machte der junge Theaterschauspieler Rühmann schnell als Filmschauspieler Karriere - die komisch-sympathischen Figuren, die er in zahllosen Erbauungsfilmen spielte, besorgten genau jene Art 'unsichtbarer Propaganda', die Joseph Goebbels dem Massenmedium Film abverlangte. Noch 1943, mitten im bombardierten Berlin, drehte Rühmann im schalldichten Studio den längst zum Kultfilm avancierten Klassiker 'Die Feuerzangenbowle'. Rühmann war nicht Mitgliedder NSDAP, doch gab er sich vereinzelt für Propagandaauftritte her. Und genoss die Privilegien, die ihmals Star zustanden. Nach dem Krieg wollte ihn das Publikum zunächst nicht mehr sehen. Eine Filmfirma, die er gründete, ging Pleite.
Es war ausgerechnet der jüdische Produzent Gyula Trebitsch, der Rühmann wieder eine Filmrolle gab. Heinz Rühmann wurde zum Prototyp des 'guten Deutschen', Identifikationsfigur für ein Millionenpublikum - allein in den 60er Jahren erhielt er sieben Bambis. Er starb 1994 im Alter von 92 Jahren. Die Journalistin und Filmemacherin Ulrike Kahle beschäftigt sich schon seit Jahren mit Heinz Rühmann - zuletzt war sie Autorin eines 60-minütigen Rühmann-Porträts für die SWR-Reihe 'Deutsche Lebensläufe'. Durch ihre Arbeit erwarb sich Ulrike Kahle auch das Vertrauen von Hertha Rühmann, der Witwe Heinz Rühmanns, die sich nach langem Zögern nun erstmals vor der Kamera über ihr Leben mit dem Schauspieler äußert. Familie Rühmann stellte Privatfilme zur Verfügung, die noch nie zu sehen waren. Von ihren Begegnungen mit Rühmann erzählen u. a. die Schauspielerinnen Bruni Löbel und Gisela Uhlen und die Regisseure Michael Verhoeven und Wim Wenders.
Wenders holte den Altstar noch 1993 für den Film 'In weiter Ferne so nah' - es wurde Heinz Rühmanns letzte Rolle. 'Er hat das von sich aus angeschnitten, dass er das Eine oder Andere im Nachhinein anders gemacht hätte', sagt Wenders.
'Ich fand, daß ich ihm nichts vorzuwerfen hatte. Für mich war er, als wir zusammen gearbeitet haben, einer, der damals in Deutschland geblieben ist.' Immer wieder ist Heinz Rühmann vorgeworfen worden, er habe sich im Dritten Reich opportunistisch und ignorant verhalten und sich auch nach dem Krieg nie kritisch mit der eigenen Vergangenheit als NS-Star auseinander gesetzt. Auch daß er sich 1938 von seiner jüdischen Frau Maria Bernheim scheiden ließ, wurde ihm angekreidet. In ihrem Film kommt Ulrike Kahle zu einem differenzierteren Bild: Obwohl privilegierter Spitzenschauspieler, setzte sich Rühmann doch für Kollegen ein - z.B. für Hans Moser, der wie Rühmann eine jüdische Frau hatte und deshalb gefährdet war. Durch einen Besuch bei Göring erreichte Rühmann, daß Maria Bernheim nach ihrer Scheidung eine Scheinehe mit einem Schweden eingehen konnte und so geschützt war. In den letzten Kriegstagen täuschte Rühmann Dreharbeiten vor, um Schauspieler und Filmcrew vor einem Fronteinsatz zu schützen.