Der Kampf um die Stadt - Mietexplosion in Berlin

Der Kampf um die Stadt - Mietexplosion in Berlin

In Berlin knallt es! Transparente, Plakate und Demonstrationen - an vielen Ecken der Stadt versammeln sich derzeit Menschen, um ihren Unmut zum Ausdruck zu bringen. Grund: die steigenden Mieten. Arm, aber sexy - diese Zeiten sind längst vorbei. Arm ja, aber sexy? Die Städte verändern sich, die Hauptstadt besonders und zwar im Eiltempo. In ehemals sozial-alternativen Bezirken werden Luxus-Lofts angeboten. Schick saniertes Eigentum für wohlhabendes Publikum aus aller Welt. Die Bürger merken es nicht nur bei der Wohnungssuche, sondern auch beim Brötchen- und Kaffee-Kauf - alles wird teurer. Gentrifizierung ist das Schlagwort. Verschiedene Mietergemeinschaften gehen nun auf die Barrikaden, versuchen, den Politikern ihre Standpunkte zu vermitteln. Sie kämpfen dafür, dass ihr Wohnraum bezahlbar bleibt: Im Roten Rathaus kommt es zur Konfrontation. Die pensionierte Krankenschwester Ingeborg Raddatz wohnt seit 55 Jahren im heutigen Szenebezirk Kreuzberg, in einem Sozialbau. 'Hier will doch derzeit jeder hin', meint die 76-Jährige. 'Ich kriege 900 Euro Rente. Das ist wenig, hat aber immer fürs Leben und meine kleine Wohnung gereicht. Und auf einmal reicht es nicht mehr, obwohl sich doch am Haus überhaupt nichts verändert.' Berlin ist pleite und zieht die staatlichen Förderungen der sozialen Einrichtungen schrittweise zurück, städtisches Eigentum wird verkauft, die Folge: ständige Mieterhöhungen. Friedrichshain-Kreuzbergs Bezirks-Bürgermeister Dr. Franz Schulz kann den sich formierenden Widerstand nachvollziehen: 'Die Leute wollen nicht weg. Und sie wissen: Wenn sie einmal verdrängt wurden, dann wars das. Die kommen in der Regel nicht wieder. Das Land Berlin muss gezwungen werden, zu handeln.' Doch es sind nicht nur Privathaushalte, die ihr Recht auf Stadt einfordern, auch der Einzelhandel, die berühmte Berliner Clubkultur oder Institutionen wie das Kunsthaus 'Tacheles' stehen vor dem Aus. Denn: Internationale Geldgeber wittern in Berlin dicke Geschäfte. So wird saniert, was das Zeug hält.

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