Das Venedig-Prinzip

Das Venedig-Prinzip

StädteporträtD / I / A  

Venedig: das ist Romantik pur, das ist die Sehnsucht aller Europäer, Amerikaner und Japaner. Doch abends wird die Stadt, die als die schönste der Welt gilt, zur Geisterstadt: ganze Viertel stehen schon leer. Von ihren Bewohnern längst verlassen, dienen diese unbewohnten Gemäuer dem Geschäft mit einem Mythos. Etwa 20 Millionen Fremde besuchen die Stadt jährlich, das sind durchschnittlich 60.000 am Tag, Tendenz steigend. Ihnen stehen inzwischen noch 58.000 Einwohner entgegen, so viele wie zuletzt nach der großen Pest von 1438. Und nächstes Jahr werden es wieder weniger sein, denn die Stadt wird unbewohnbar. Das urbane Eigenleben Venedigs ist beinahe zusammengebrochen, es existiert kaum noch. Venedig: ein Disneyland? Kann man angesichts des Massentourismus' und der fehlenden Infrastruktur für die Einheimischen überhaupt noch in der Stadt leben? Und wenn ja, wie? Der Film zeigt, was vom venezianischen Leben übrig geblieben ist: eine Subkultur touristischer Dienstleister; ein Hafen für die monströsen Kreuzfahrtschiffe, der auf seine Erweiterung wartet; Venezianer, die auf das Festland ziehen, weil es keine bezahlbaren Wohnungen mehr gibt; eine alte Adlige, die die Stadtverwaltung mit Hohn überzieht; ein Immobilienmakler, der darüber nachdenkt, das sinkende Schiff zu verlassen. Andreas Pichlers Protagonisten sind Sensoren für die Veränderungen ihrer Stadt. Venedig fühlt sich für sie immer weniger als ihre Heimat an, eine Lösung sehen sie jedoch nicht. Ein Requiem auf eine immer noch grandiose Stadt. Ein Lehrstück darüber, wie öffentliches Gut zur Beute einiger Weniger wird. Ein Hohelied auf die letzten Venezianer, ihren Witz und ihr Herz.

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