Das Leben der Frommen

Das Leben der Frommen

In diesem Jahr beginnt der islamische Fastenmonat Ramadan am 6. Juni und dauert bis zum 5. Juli. Für Millionen von gläubigen Muslimen weltweit ist dies eine Zeit der Enthaltsamkeit und der Besinnung: So heißt es jetzt, 30 Tage lang von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang keine Nahrung zu sich zu nehmen, nicht zu trinken, nicht zu rauchen und auf Sex zu verzichten. Für eine säkulare Gesellschaft wie die deutsche wirkt es eher fremd, wenn Menschen sich so konsequent wie öffentlich zu ihrem Glauben, zu ihren religiösen Traditionen bekennen. Was aber ist der tiefere Sinn des Fastenmonats? Worum geht es beim Ramadan? Warum ist dieser Fastenmonat für Millionen von Muslimen weltweit von so großer Bedeutung? So fordert der Ramadan auch Nicht-Muslime heraus, sich mit dem Islam zu befassen - jener Religion, die aktuell diesen Planeten so sehr prägt. Aus diesem Anlass lädt das hr-fernsehen an diesem und den kommenden Sonntagen ein zu den "Ramadan-Gesprächen". An diesem Sonntag hat Meinhard Schmidt-Degenhard die Ethnologin und Leiterin des Frankfurter Forschungszentrums "Globaler Islam", Susanne Schröter, zu Gast. Drei Jahre lang hat Susanne Schröter in Wiesbadener Moschee-Gemeinden geforscht, hat Gespräche mit Muslimen aller Altersstufen geführt und ihren Alltag begleitet. Ihre unlängst publizierte Studie liefert aufschlussreiche Ergebnisse über das Selbstverständnis frommer Muslime in Deutschland. Die Ergebnisse, die sie in ihrem Buch "Gott näher als der eigenen Halsschlagader" veröffentlicht hat, sind ernüchternd: Der Koran wird zwar sehr individuell ausgelegt. Tatsächlich aber beobachtete die Ethnologin, dass Muslime insgesamt frommer werden. Islamischer Fundamentalismus wird gerade für einen Teil der Jugend immer anziehender. Schüler erzählten ihr davon, im Paradies "die Gewinner" zu sein, wenn sie sich den Regeln dieses strengen Islam unterwürfen, derweil die Ungläubigen, also all die anderen, im Höllenfeuer schmorten. Um sich den Platz im Paradies nicht zu verwirken, solle man sich möglichst wenig mit Ungläubigen einlassen. "Auf dem Boden solcher Vorstellungen gedeihen Radikalität und Gewaltbereitschaft", so Susanne Schröter. Die Ethnologin und Islamkennerin legt gleichzeitig Wert auf die Feststellung, dass diese problematischen Befunde nur eine Seite des deutschen Islams sind: "Die andere Seite ist vielfältig, bunt und überaus liebenswert". Und doch sind in ihren Augen die muslimischen Gemeinden hierzulande gefordert, wachsam auf das zu achten, was sich unter den Jugendlichen entwickelt. Dieser neue radikale Fundamentalismus mit all seinen Folgen dürfe schlicht nicht ignoriert werden.

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