Das Juwel von Nordhausen und seine rüstigen Retter

Das Juwel von Nordhausen und seine rüstigen Retter

Er verdiente sein Geld mit Tabak, doch seine Leidenschaft waren Bäume und Sträucher. Diese Passion brauchte Platz, und so erwarb der Tabakfabrikant Carl Kneiff 1874 ein Grundstück im Grünen nahe Nordhausen. Dann wurde gebaut und gepflanzt, was das Zeug hielt. Gebaut wurde eine Villa, ein Kutscherhaus und ein Pavillon, entworfen vom Architekten Ludwig Bohnstedt, der gerade den 1. Preis für den Entwurf des Reichstagsgebäudes bekommen hatte. Ebenso angesagt war damals der Gartenkünstler Heinrich Siesmayer, der die zehn Hektar Landschaftspark mit vielen seltenen Arten gestaltete. Daraus wurde ein Juwel, das unter Thüringens vielen Parks und Residenzen eine Rarität ist. Verfallen und verkommen nach der Wende, blieb es trotzdem fast unverändert erhalten.

Und da kommen die rüstigen Retter von Hohenrode ins Spiel. Alterbeschwerden kennen sie nicht: Jeden Morgen 9 Uhr kommen rund 30 Senioren, sie sind fast alle um die 70, freiwillig zur Arbeit, schnappen sich Bagger, Kelle, Trennschleifer oder Gartengeräte und legen los. Sie wollen das denkmalgeschützte Ensemble retten. Es stand nach der Wende 20 Jahre leer, die große Villa ist mit Schwamm, der Park mit Riesenbärenklau verseucht.

Geld für die Rettung gibt es zunächst nicht, Stadt und Land wollen nicht helfen, denn das Anwesen ist Privateigentum. Die hartnäckigen Senioren starten durch: 2005 wird der Bärenklau gerodet, mit Hilfe der Schulen. Sie gründen eine Bürgerstiftung, verkaufen Hohenrode-Aktien und gewinnen Sponsoren. 2010 können sie Hohenrode kaufen. Und seither haben sie viel geschafft: Der Park ist gepflegt, der Bärenklau fast verschwunden, die Villa wird saniert.

In der Bürgerstiftung Hohenrode engagieren sich inzwischen mehr als 400 Menschen. 2017 will Stiftungschefin Gisela Hartmann der Gemeinschaft eine fertige Villa übergeben. Die 75-jährige, einst Bürgerrechtlerin, ist treibende Kraft der "Hohenröder Giganten", wie sie ihre Senioren-Partner nennt. Das Herzensanliegen, die Rettung des Juwels, ist nun in greifbarer Nähe. Dafür rackern sie weiterhin täglich auf der Baustelle und sind ein unglaublicher Beweis dafür, dass man mit 70 immer noch Träume wahrmachen kann. Autorin Ria Weber hat sie ein Jahr lang begleitet.

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