Das Golddorf

Das Golddorf

Ein Dokumentarfilm über heimatlose Flüchtlinge und heimatliebende Bayern, über bayerische Werte und Traditionen auf der einen und über die erschütternden Geschichten von Asylsuchenden auf der anderen Seite, über Parallelwelten in einem bayerischen Mikrokosmos im Schatten der Berge - und über die Heimat. Carolin Genreith besucht während eines Dreivierteljahres immer wieder die Ortschaft Bergen im Chiemgau und begleitet zwei Flüchtlinge, die dort untergebracht wurden und die sich mit einem neuen Leben und einer neuen Umgebung arrangieren müssen. Der Film folgt ihnen durch die ersten Monate in einer Heimatidylle, die wie eine Postkarte daherkommt, begleitet sie durch die ersten Deutschkurse, die ersten Annäherungen an das Dorf und seine Einwohner - und bei dem monatelangen Warten auf eine Entscheidung der deutschen Behörden.

Bergen ist ein schöner deutscher Ort mit knapp 5000 Einwohnern. Es ist friedlich, es gibt Berge und den Chiemsee, und man grüßt sich selbstverständlich auf der Straße. Bergen ist ein "Golddorf", so werden bis heute die Dörfer genannt, die im bis in die 90er-Jahre stattfindenden Wettbewerb "Unser Dorf soll schöner werden" die Goldmedaillen gewannen. Ein Ort, der von seinen Bewohnern geliebt wird, einer, der jederzeit die Kulisse für einen Heimatfilm bieten könnte - mit Kühen, Enzian und Almbauern. Doch seit ein paar Monaten ist hier nichts mehr, wie es war: Mitten in Bergen leben jetzt rund 50 Flüchtlinge aus Eritrea, Syrien und Afghanistan. Da steht plötzlich die Weltpolitik vor den hübschen Haustüren - Heimatlosigkeit trifft auf Heimatidylle. Was passiert jetzt? Wie kommen die Flüchtlinge hier zurecht? Was beschäftigt sie? Was vermissen sie? Wovon träumen sie? Wie nehmen sie die Deutschen wahr, ihre Umgebung, Bayern und Bergen? Und was verändert sich in einem kleinen, relativ homogenen Ort, wenn Heimat geteilt werden soll?

Carolin Genreith porträtiert die Flüchtlinge Ghafar F. und Fishatsyon H. und entdeckt gleichzeitig ein ganz normales deutsches Dorf, seine Sorgen und das Heimatgefühl seiner Bewohner.

Die Flüchtlinge

Ghafar F. musste seine Heimat Kabul verlassen, nachdem er wegen seiner Arbeit als Filmemacher und Videojournalist für die ISAF massiv von den örtlichen Taliban bedroht wurde. Er nutzte eine Einladung des Berlinale Talent Campus - und blieb in Deutschland, voller Angst um seine Frau und seine beiden Kinder, die sich seit seiner Flucht verstecken müssen. Womit er nicht gerechnet hatte: dass sein Asylverfahren in Deutschland so lange dauern würde und dass Monate verstreichen, bis die Entscheidung getroffen sein würde, ob er seine Familie zu sich holen darf oder nicht.

Fishatsyon H. hat, wie so viele junge Eritreer seiner Generation, die Flucht aus der brutalen Militärdiktatur als einzige Perspektive für seine Zukunft gesehen und ist durch die Sahara bis nach Libyen geflohen, wo er unter unmenschlichen Bedingungen von Schleusern gefangen gehalten wurde. Trotz oder vielleicht wegen seiner Geschichte kann Fishatsyon H. das Leben im Asylbewerberheim in Bergen erst einmal genießen. "Wenigstens bin ich hier sicher und frei", sagt er.

Die Dorfbewohner

Monika Berlitz ist selbst Zugereiste und kann nachvollziehen, wie sich die Flüchtlinge im Dorf fühlen: Als kleines Mädchen musste sie mit ihren Eltern von Ost- nach Westdeutschland fliehen. Sie weiß, wie es ist, anders zu sein und sich fremd zu fühlen. Mit aller Kraft bringt sie viel Zeit auf und versucht, den Flüchtlingen im Ort zu helfen, so gut es eben geht.

Sepp Reitmaier mutet an wie ein bayerischer George Clooney, heimatverbunden, aber offen für Neues. Auch, oder vielleicht auch gerade, weil die Leute im Dorf tuscheln, zeigt er sich gerne mit den Asylbewerbern und erklärt uns das bayerische Nationalgefühl.

Der Bauer Sepp Vachenauer ist in Bergen geboren und wird hier niemals weggehen. Er möchte, dass seine Heimat so schön bleibt, wie sie ist und wie er sie kennt. Dass junge Männer ihre Heimat verlassen und in seiner Heimat Asyl suchen, kann er nur schwer nachvollziehen. Als es seiner Familie nach dem Krieg schlecht ging, wäre sie schließlich, aus Liebe zur Heimat, niemals irgendwo anders hingegangen.

Auch die junge Annemarie Bachmayer ist in Bergen aufgewachsen und lebt die bayerischen Traditionen voller Überzeugung - wie schon ihre Mutter, ihre Großmutter und ihre Urgroßmutter.

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