Das gereizte Land

Das gereizte Land

Gestern noch eine überschwängliche Willkommenskultur, heute die AfD in drei Landtagen. Himmelhoch jauchzend - zu Tode betrübt: So schnell können Stimmungen kippen. Die Deutschen werden im Ausland für ihre Wirtschaftskraft bewundert, im Land selbst aber sehen die Menschen die Zukunft schwarz. Angst vor dem oder besser den Fremden, vor dem Klimawandel, vor Terror und Krieg auf der einen Seite und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft dank Wirtschaftskraft und wirtschaftlicher Stabilität auf der anderen. In Deutschland herrsche eine Stimmung absoluter Gereiztheit, konstatiert der Kasseler Soziologe Heinz Bude: gefühlte Ungerechtigkeit oder Ohnmacht, weil "die da oben" ohnehin entscheiden, was sie wollen, und die Medien berichten, wie es dem jeweiligen Weltbild entspricht. So erklärt sich vielleicht, wie Gerüchte - obwohl sie bereits widerlegt sind - in den sozialen Netzwerken lange als Wahrheit weitergereicht werden oder wie eine Bewegung "Gegen die Islamisierung des Abendlandes" so viele Menschen auf die Straße bringt. Stimmungen, so Heinz Bude, können entscheidender sein als Argumente. Bude gilt als Experte für Zeitgeistthemen. Bereits mit seinen Werken "Bildungspanik" von 2011 oder "Gesellschaft der Angst" (2014) hat er bewiesen, dass er ein Gespür dafür hat, Themen, die in der Luft liegen, wissenschaftlich zu erkunden. In seinem jüngsten Werk "Das Gefühl der Welt" macht er sich auf, die Macht von Stimmungen soziologisch zu erklären. Ist also die Lage besser als die Stimmung, oder ist Stimmung eine eigene Realität, abgekoppelt von der Wirklichkeit? Ein Gespräch, das Impulse liefert und zum Weiterdenken anregt.

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