Das böse Mädchen

Das böse Mädchen

Mit 15 war sie ein lebendiges, intelligentes und aufmüpfiges junges Mädchen. Mit 48 wirkt sie entschlossen, manchmal hart und oft auch einsam. Waltraud Storck ist eine Frau, die sich nichts gefallen lässt. Nie mehr möchte sie zum Opfer werden. Sie sitzt im Rollstuhl, lebt allein und muss mit einer kleinen Rente zurecht kommen. Aber sie hat ein Lebensziel: Sie möchte das Unrecht, das ihr vor langer Zeit zugefügt wurde, endlich öffentlich benennen und bestraft wissen. Sie möchte, dass niemals mehr einer anderen passiert, was sie damals erlitten hat: sie wurde weggesperrt in die Psychiatrie. Als junges Mädchen hat sich Waltraud Storck immer wieder gegen die streng autoritäre Erziehung zu Hause aufgelehnt. Mit den Pubertätsproblemen der Tochter fühlen sich ihre Eltern überfordert. 'Sie haben mir eingeredet, dass ich Schuld sei an allem. Und ich habe dann sogar geglaubt, ich sei wirklich ein böses Mädchen.' Hilfe suchend wenden sich die Eltern an Fachleute. Aufgrund einer falschen Diagnose verbringt Waltraud Storck viele Jahre in geschlossenen Abteilungen verschiedener psychiatrischer Kliniken. Hochdosierte Psychopharmaka zerstören ihre bereits durch Kinderlähmung vorgeschädigte Gesundheit. Die intelligente und wache junge Frau wird zum Schatten ihrer selbst. Schließlich schafft sie es, mit Hilfe einer ehemaligen Mitpatientin ihre Entlassung durchzusetzen. Bei dieser Frau, die sie als eine Art Pflegemutter zu Hause aufnimmt, findet Waltraud zum ersten Mal in ihrem Leben Geborgenheit. Waltraud Storck kämpfte jahrelang vergeblich vor Gericht um eine Wiedergutmachung für das erlittene Unrecht. Erst vor ein paar Jahren hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ihr unmissverständlich Recht gegeben: Sie hätte niemals gegen ihren Willen - noch als Erwachsene - weggesperrt werden dürfen. Waltraud Storck bekommt 75.000 Euro Schmerzensgeld. Noch wichtiger aber ist für sie, dass sie ihre Würde wiedererlangt. Unter dem Pseudonym Vera Stein veröffentlicht sie mehrere Bücher, in denen sie versucht, ihre schrecklichen Erlebnisse zu verarbeiten.

Bewertung

0,0   0 Stimmen