Chinas Bildungsdschungel

Trotz der weltweiten Wirtschaftskrise bekommen Eltern überall zu hören, dass ihren Kindern das Schlimmste erspart bleibt, wenn sie eine gute Ausbildung erhalten. So stehen Kinder unter dem Druck, die Erfolgsleiter zu erklimmen, bis sie die Sprosse der Mittelschicht erreicht haben, also eine Hochschulausbildung. Aber sind Bildung und ein Diplom tatsächlich ein sicherer Ausweg aus der Armut? In China ist man besessen von Prüfungen und Klausuren. Neun Millionen Schülerinnen und Schüler legen jährlich die Hochschulaufnahmeprüfung ab, die von extremer Konkurrenz geprägt ist. Chinas Hochschulsystem verhilft bloß einigen Wenigen zu Arbeitsplätzen, während sich jährlich zwei Millionen Hochschulabsolventen wie Wan Chao dem 'Ameisenvolk' anschließen, das verzweifelt die Stellenangebote durchkämmt. Tatsächlich bieten gute Abschlüsse, Vertrauen und Ehrgeiz keine Garantie mehr für ein Einkommen, das den Lebensunterhalt deckt, ganz zu schweigen vom Zurückzahlen der Schulden für das Studium. Dennoch bläut die chinesische Regierung ihren Bürgern immer noch ein, das Land sei eine Leistungsgesellschaft. Wer sich am meisten anstrenge, trüge zum allgemeinen Erfolg von Partei und Nation bei und ganz nebenbei zu persönlichem Wohlstand. Die Abiturientin Wang Pan schnitt bei der Hochschulaufnahmeprüfung schlecht ab, und wird darum keinen Studienplatz an einer der begehrten staatlichen Hochschulen erhalten. Als einzige Option bleiben ihr somit die privaten Hochschulen, die keine Regeln und oft auch keine Skrupel kennen. 'Wir sind mehr eine private Firma als eine Hochschule', erklärt Wang Zehziang, Informatik-Dozent an der Hongbo Education. 'Streng genommen handelt es sich um ein Unternehmen. Wir locken die Studenten an, streichen ihre Gebühren ein und schicken sie wieder in die Welt hinaus. Wir bringen ihnen nichts bei, und das kümmert die Hochschule auch nicht besonders.' Das Verleihen wertloser Diplome hat sich zu einem lukrativen Geschäft entwickelt. Wang Zehziang und seine Kollegen werden aufs Land entsendet, um die Werbetrommel zu rühren.