Aus dem Abseits

Aus dem Abseits

Das Leben des Sozialpsychologen Peter Brückner, Jahrgang 1922, war stets von Auseinandersetzungen mit der Staatsmacht geprägt - mit den Nazis, mit der sowjetischen Administration im geteilten Deutschland und mit den Behörden der Bundesrepublik. Diese belegten ihn während seiner Zeit als Professor in Hannover gleich zweimal mit Berufsverbot. Seine kritische Haltung gegenüber staatlichen Machtansprüchen über die Bürger und die Art, wie er sich dagegen zur Wehr setzte, ließ Brückner zu einer Symbolfigur der westdeutschen Protestbewegung der 1970er Jahre werden. In zahlreichen Büchern und öffentlichen Auftritten analysierte er autoritäre gesellschaftliche Verhältnisse und versuchte, Gegenstrategien zu entwerfen. Dass er sie partiell auch zu leben versuchte, hatte Konsequenzen für seine Familien und brachte ihn in Verbindung mit der Studentenbewegung.
1982 starb der umstrittene Gelehrte und mit ihm seine eigenwillige Sozialpsychologie der Befreiung. Sein jüngster Sohn Simon, den er mit seiner letzten Frau Barbara Sichtermann bekam, war damals vier Jahre alt. Dreißig Jahre später sucht er als Filmemacher nach den Spuren seines Vaters und findet eine Persönlichkeit mit multiplen Geheimnissen. Er zeichnet nicht nur Brüche, Fluchten und "public happiness" eines Linksintellektuellen des 20. Jahrhunderts nach, sondern auch die Zerstörungen und Aufbrüche dieses Jahrhunderts - getreu der Devise Brückners, dass es für den Einzelnen darauf ankomme, Geschichte und Lebensgeschichte in Einklang zu bringen. Simon Brückner zeigt die Stationen des zuweilen abschüssigen Weges, den sein Vater gegangen ist: als privater und politischer Mensch. Und er öffnet durch diesen persönlichen Zugang zugleich den Blick auf ein Stück "abseitiger", verschwiegener Geschichte Deutschlands.

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