Auf der Flucht - Todestrip ins Ungewisse

Auf der Flucht - Todestrip ins Ungewisse

Die Dokumentation erzählt die Geschichten zweier Menschen, die unterschiedlicher nicht sein können: Syrerin Maya Alkhechen flüchtete übers Meer, Gerhard Rothe von Danzig in den Westen.

Aufgebrochen aus ganz unterschiedlichen Leben und Zeiten sind der 75- und die 31-Jährige verbunden durch die Flucht. Wie ist das, wenn der Krieg Menschen zwingt, die Heimat zu verlassen? Familie? Freunde? Wie ist es, aufzubrechen in ein Leben ohne Sicherheit?

"Wenn der Motor ausfiel, dachte ich jedes Mal, es ist vorbei." Die in Deutschland aufgewachsene Syrerin Maya Alkhechen hatte sich für die Flucht übers Meer entschieden, eine Flucht, die mehr als 10.000 Menschen vor ihr den Tod brachte.

Dass sie sterben könnte, nahm sie in Kauf - aber dass sie vielleicht zusehen müsste, wie ihre kleinen Kinder ertrinken, war ihr unerträglich. Aber hatte sie eine Wahl? Drei Tage sollte die Überfahrt dauern. Daraus werden für die Familie sieben Tage und sechs Nächte Todesangst. Dabei ist die Flucht aus Syrien eine Flucht in die Heimat: Maya ist in Essen aufgewachsen und ging nach dem Abitur nach Syrien zurück, weil man ihr in Deutschland keine Zukunft bot. Sie hatte nur eine Duldung und das hieß für sie: kein Studium und keine Arbeit.

Nicht weit von Essen - in Solingen lebt heute Gerhard Rothe. Maya und er könnten Nachbarn sein. Er weiß wovon Maya spricht, wenn sie sagt: "Nur, wer eine Flucht selbst durchgestanden hat, kann dieses schreckliche Gefühl nachempfinden". Diese quälende Entscheidung, ob man das eigene Leben und vor allem das der Kinder aufs Spiel setzen soll durch eine Todesfahrt ins Ungewisse. Rothe war selbst noch ein Kind, als seine Familie vor etwa 70 Jahren aus dem zerbombten Danzig nach Westen flieht. "Unsere ganzen Vorräte gingen aus", berichtet Gerhard Rothe in seinem Häuschen in Solingen, "nie mehr wieder habe ich solch einen Hunger erlebt."

Maya begibt sich mit ihrer Familie in die Hände skrupelloser Schleuser, die die maroden Flüchtlingsboote mit Hunderten anderer Syrer vollstopfen. Und sie erlebt, wie eine junge Frau neben ihr auf dem Schiff stirbt, weil sie die Kraft verließ. Auch Gerhard Rothe haben sich die Bilder der Flucht tief eingebrannt. Er erinnert sich bis heute daran, dass die Familie an einem Militärflughafen vorbeikam. "Da waren zerschossene Flugzeugwracks und an den Flügeln hingen tote Soldaten", berichtet er, "das könnte ich Ihnen heute noch zeichnen, so ein grausames Bild."

Beide sind irgendwann erschöpft und erleichtert angekommen. Beide müssen spüren, dass Flüchtlinge nicht überall willkommen sind. Maya Alkhechen kämpft tagsüber um eine eigene Wohnung und Kindergartenplätze, nachts hat sie Alpträume und durchlebt die Flucht wieder und wieder. Gerhard Rothe hat sich nach vielen Jahren in Solingen mit Frau, Tochter und Enkelkind eine kleine Welt erschaffen, in der er sich sicher fühlt. "Aber es macht mich traurig", sagt er, "wenn ich heute sehe, dass immer noch so viele das Gleiche durchstehen müssen wie wir damals. Wird die Menschheit denn nie vernünftig?"

Bewertung

0,0   0 Stimmen