
Artisten der Großstadt
Sie nennen sich 'Traceurs', junge Männer und Frauen, die in halsbrecherischer Manier von Hausdach zu Hausdach springen, Wände hinauflaufen, sich zwischen Geländern hindurchzwängen und die Großstädte, egal ob Berlin, Köln oder Stuttgart, in einen 'Parkour' verwandeln. 'Parkour', das ist der hippe Extremsport, der aus den Pariser Vororten kommt und längst auch Einzug in Deutschland gehalten hat. Die Traceurs sind Sportler, die mit 'Parkour' den urbanen Raum zu einem Spielfeld, zu einer einzigartigen unbegrenzten Sportarena machen. Treppengeländer, Brüstungen, Blumenkübel, Dachkanten werden zu Startrampen für atemberaubende Sprünge und Artistik: eine Mischung aus Snowboard ohne Brett, Breakdance und Cary Grants Klettereinlagen im Film 'Über den Dächern von Nizza'. Als Begründer dieser Fortbewegungsart gilt der Franzose David Belle. Sein Vater, ein ehemaliger Soldat, hatte die Begeisterung seines Sohnes am Springen und Laufen mit einer Art militärischen Zirkeltrainings gefördert. Mit 15 Jahren hatte David Belle zusammen mit Freunden diese Läufe auch auf Hindernisse ausgeweitet, die Großstadtvororte üblicherweise bieten: Betondächer, Mauern oder Metallgitter. Der Extremsport eroberte immer mehr Länder. In Frankreich hat es der Sport als Thema in Kinofilme von Luc Besson geschafft, Madonna entdeckte die Sportler für ihre Videos, und der eine oder andere renommierte Zirkus hat die jungen 'Traceurs' als Artisten abgeworben. Der Straßensport ist natürlich nicht ungefährlich. 2005 fiel in Großbritannien ein 'Traceur' vom Dach und starb. Deshalb sind für David Belle und seinen Weltverband PAWA, der auch in Deutschland eine Niederlassung hat, halsbrecherische Einlagen, wie Saltos oder Schrauben unerwünscht. Sandra und Marcus Heß, die Chefs des deutschen PAWA-Ablegers, setzen deshalb auch auf sorgfältiges und ordentliches Training. 'Die Leute müssen das ganz genau und gründlich lernen, damit solche Unfälle vermieden werden.' Regelmäßig gibt es deshalb Indoor- und Outdoortraining in verschiedenen deutschen Großstädten. Die Trainer von 'Parkour' brauchen eine Trainerlizenz. Andreas Postel hat sich in der deutschen 'Traceurs'-Szene umgeschaut und zeigt in seinem Film fliegende Extremsportler, die ihre Bodenhaftung nicht verloren haben.