Arm im reichsten Land Europas
Live-TV Tagesschau24 15.12., 07:15 - 07:45 UhrLuxemburg genießt den Ruf einer Wohlstandsoase in Europa. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf liegt mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland. Doch Luxemburg hat auch eine andere Seite. Alexandra Oxacelay von der NGO 'Stëmm vun der Strooss' kümmert sich täglich um Obdachlose und Verarmte im Großherzogtum. In ihre Suppenküche pilgern immer mehr Bedürftige ...
Finanzplatz, Briefkastenfirmen und EU-Gericht: Luxemburg genießt den Ruf einer Wohlstandsoase in Europa. In der Tat ist das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf so hoch wie nirgendwo sonst auf dem Kontinent. Statistisch erwirtschaftet jeder Luxemburger mehr als doppelt so viel wie ein Deutscher. Doch Luxemburg hat auch eine andere Seite. Alexandra Oxacelay von der NGO 'Stëmm vun der Strooss' kümmert sich täglich um Obdachlose und Verarmte im Großherzogtum. In ihre Suppenküche pilgern immer mehr Bedürftige, 'wegen der Inflation, der Wohnungskrise und der Migration'. Bei ihr findet jeder Geborgenheit, eine Mahlzeit und Hilfe. So wie Stephan aus Ungarn, der seit sieben Jahren - auch im Winter - in einem Zelt haust. Alexandra sieht auch immer mehr 'working poor' - Menschen, die trotz Arbeit nicht über die Runden kommen. Einer davon ist Serge Kappel, der unter chronischen Entzündungen im Rücken leidet. Er findet keine Wohnung, die er bezahlen kann, seit die Mieten dramatisch angestiegen sind. Das liege an der grassierenden Immobilienspekulation, sagt der Wissenschaftler Antoine Paccoud. 'Außerdem hat der Staat viel zu spät begonnen, den sozialen Wohnungsbau zu fördern.' Alexandra kann zumindest einigen Menschen günstigen Wohnraum zur Verfügung stellen. Doch es ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein, weil immer mehr Luxemburger und Flüchtlinge im Schatten der gläsernen Bürotürme auf 'Stëmm vun der Strooss' angewiesen sind.
Die zunehmende Armut droht die Gesellschaft zu spalten. Der arbeitslose Yannick Wirtz fühlt sich von der Politik im Stich gelassen und fordert eine Begrenzung der Migration. NGO-Chefin Alexandra Oxacelay will dagegen keinen Unterschied machen bei den Bedürftigen. Jedem müsse geholfen werden im reichsten Land Europas.