Angsthasen
Adrian Zumbusch besucht nie ein Schwimmbad, weil ihm jemand auf den Kopf springen könnte. Ab Herbst fährt er kein Auto mehr, weil plötzlich der Winter einbrechen könnte. Er geht niemals wählen, weil er in den Kabinen Platzangst bekommt. Von seiner Ehefrau Sylvie lässt er sich nur deshalb nicht scheiden, weil er Angst davor hat, allein zu leben. Sein Büro ähnelt einem sicheren Käfig, und seinen Urlaub verbringt er nur im Schwarzwald, weil man dorthin nicht fliegen muss. Adrian Zumbusch, der penibel genaue, aber eigenwillige Mitarbeiter einer Lebensversicherung, leidet unter Panikattacken. Lieber quetscht er sich den Finger ein, bevor er einen Vortrag vor der versammelten Vorstandsriege hält. Es gibt nichts, wovor er keine Angst hat, und richtig wohl fühlt er sich nur in der Therapiegruppe von Dr. Elmau.
Doch als Adrian erfährt, dass er unheilbar an Leukämie erkrankt ist und nur noch drei Monate zu leben hat, blüht er auf. Nach dem Motto 'Es hat sich ausgezittert' fürchtet er nichts mehr, nicht einmal den Tod. Plötzlich genießt er das Leben wie nie zuvor: Er willigt in die Scheidung von seiner Frau Sylvie ein, beginnt eine neue Beziehung mit seiner Ärztin Dr. Katja Lorenz, sagt seiner Therapiegruppe ade, guckt zum ersten Mal aus dem Fenster seiner neu erworbenen Dachgeschosswohnung, unternimmt eine Ballonfahrt und traut sich, seinen Mitmenschen und Vorgesetzten die Meinung zu sagen.
Nur eine einzige Angst ist Adrian Zumbusch geblieben: Dass alles nur eine Fehldiagnose war und er kerngesund ist.