Alter ist ...

Alter ist ...

Der im Alter von neun Jahren an Kinderlähmung erkrankte Stephen Dwoskin hatte seine Behinderung nie über sein Leben bestimmen lassen - ganz im Gegenteil: Er machte sie zum Mittelpunkt und Motor, zur Obsession, zum Spiel und Schrecken eines umfangreichen und bewegenden Werkes, das sich über nahezu 50 Jahre Kinogeschichte erstreckt. Ohne Unterlass leistete er als Mensch und Filmemacher Widerstand gegen seine körperliche Eingeschränktheit. In jedem seiner Filme setzte er sich mit dem Begriff des Schmerzes auseinander, erforschte das Groteske und Jämmerliche an diesem schweren und zugleich so schwachen Körper. Immer wieder zeigte er auch die erschreckende Ästhetik von Krankheit und Krankenhäusern, die ein fester Teil seines Lebens waren. Ein weiteres zentrales Thema Dwoskins war die Besessenheit von Frauen: ihre Exzentrik, ihre Nacktheit, ihr Tanz und ihr Blick auf ihn, den Behinderten, wobei vor allem Letzteres in seinem Werk schockierte und für Skandale sorgte. Als seien Sexualität, Fleischlichkeit und Begehren für Kranke und Behinderte tabu, als beflecke diese Assoziation den makellosen Opferstatus. Aber Stephen Dwoskin ließ sich nicht davon abbringen, das Unsägliche auszusprechen und immer wieder in die Wespennester der Gesellschaft zu stechen, die für ihn nur Mitleid und Schuldgefühle übrig hatte. Er wollte die Bandbreite der Blicke erweitern - auch die seiner eigenen. Dass er seine Freiheit, nach außen und auf andere zuzugehen, erweiterte, beweist auch sein letzter Film 'Alter ist ...'. Er ist eine Sammlung Tausender intimer und vertraulicher Blicke von ihm nahestehenden und unbekannten Menschen.

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