360° Geo Reporatge
Abgeschieden im Himalaya entwickelte sich im Laufe von Jahrhunderten eine Hochkultur, der tibetische Buddhismus - und mit ihm die tibetische Medizin. Diese traditionelle Heilkunde hat die Herstellung eines harmonischen Gleichgewichts zwischen Körper und Seele zum Ziel - ein Aspekt, der in der westlichen Medizin nur selten Beachtung findet. Tenzin Thaye ist einer von fünf Ärzten und Ärztinnen am Men-Tsee-Khang-Institut für tibetische Medizin in Dharamsala im Norden Indiens. Zu seinen Patienten gehört auch der Dalai Lama. Eine Behandlung im Men-Tsee-Khang kostet nicht viel, für Bedürftige ist sie sogar kostenlos. In der tibetischen Medizin sind Diagnose und Therapie in eine komplexe Theorie eingebettet. "In der Philosophie der tibetischen Medizin gilt Unwissenheit als Wurzel aller Krankheiten, durch die drei Geistesgifte entstehen: Hass, Neid und Ignoranz", sagt der Arzt Tenzin Thaye. Auch eine falsche Ernährung, ein ungesundes Klima oder seelischer Stress können den Menschen aus dem Gleichgewicht bringen. Ein Ungleichgewicht der drei Körperprinzipien Lung , Tripa und Beken im Organismus macht krank, so die Überzeugung tibetischer Mediziner. Neben traditionellen Arzneien gehören die Verabreichung von Juwelenpillen, Akupunktur, das blutige Schröpfen oder das Verbrennen von ätherischen Kräutern auf der Haut zu ihren Heilmethoden. Sogar die Ärzte des Krankenhauses von Dharamsala, in dem eine medizinische Behandlung nach westlichen Maßstäben betrieben wird, pflegen einen regen Austausch mit Ärzten für tibetische Medizin. Den Menschen als Ganzes zu betrachten, als eine Einheit aus Körper und Geist - darin besteht der Erfolg der tibetischen Medizin.