24 Stunden Busbahnhof

24 Stunden Busbahnhof

Im Aufsichtsturm vom Hamburger Zentral-Omnibus-Bahnhof (ZOB) organisiert Holger Aved gemeinsam mit seinen Kollegen Ankunft, Abfahrt und Stellplätze der Fernbusse. 'Der ZOB ist ein Platz für altgediente Rennpferde', sagt er, 'als nervöser Anfänger gehst du hier vor die Hunde.' Verspätungen ausgleichen, unangekündigte Gelegenheitsfahrer einflechten und so genannte Nacht-Parker bedienen, über Arbeitsmangel klagt der Mann, der die große Übersicht hat, nicht. Es ist ein direktes Geschäft mit den Busfahrern und permanent läuft etwas nicht so wie gedacht. Eine Panne und schon ist der schönste Plan Makulatur und Holger Aved muss improvisieren. Dann läuft sein Partner im Aufsichtsturm zu den Fahrern, um die Sache im oft gestenreichen Gespräch zu klären. Sprachlich muss man da gewandt sein, denn die Fahrer kommen aus aller Herren Länder so wie ihre Kunden. Geld- und Gebührengeschichten werden ebenfalls oft sofort und in bar abgewickelt, für Kredit ist der ZOB nicht das richtige Umfeld. Nach 15 Jahren auf dem ZOB kennt Holger Aved die Fallstricke des Daseins und hat die Gefahrenzonen seiner Station klar im Blick. Den 'Hügel der Gesetzlosen' beobachtet er besonders intensiv. Gemeint ist das Areal vor dem Laden mit Reiseverköstigung und Andenken. Da ist das Bier besonders billig und die Rate menschlicher Ausfälle weitaus höher als sonst am ZOB. Per Kamera lässt sich das 10.000 Quadratmeter messende Gebiet überblicken. Der ZOB ist die Reisedrehscheibe für rund zwei Millionen Menschen jährlich, dazu kommen 1,2 Millionen Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs. In 28 Länder fahren die Busse von Hamburgs ZOB aus. In aller Frühe beginnt der Verkehr mit den Zubringern zu den Billigfluglinien im ganzen Norden. Bis in die tiefen Abendstunden pulsiert das Leben hier unter den Glasflügeln des Busbahnhofes, der für seine architektonische Qualität ausgezeichnet wurde. Vor zehn Jahren wurde der alte ZOB durch das elegante Gebäude mit den weit ausragenden Glasflügeln ersetzt, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Und die Zukunft hat gerade jetzt wieder einmal begonnen: Seit der Liberalisierung des Fernomnibusverkehrs boomt das Geschäft mit den Busreisen. Allein 32 Mal pro Tag geht es jetzt nach Berlin für ein paar Euro - unschlagbar billig, die ideale Verbindung in die Hauptstadt für junge Leute. Und Hamburgs ZOB ist das Drehkreuz für Busse des Nordens für alle Linien, ob FlixBus, MeinFernbus oder Eurolines. Längst traditionell sind die Verbindungen nach Polen, die hauptsächlich von polnischen Arbeitnehmern hier frequentiert werden. Um die 60 Euro kostet die 15 bis 20 Stunden lange Fahrt nach Hause. So ist es kaum verwunderlich, dass an fast allen Ticketschaltern polnisch gesprochen wird. 'die nordreportage 24 Stunden Busbahnhof' begibt sich auf die Spur von Reisezielen, Reiseschicksalen und des täglichen Betriebes zwischen Willkommen und Abschied.

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