1990 - Aufbruch zur Einheit

1990 - Aufbruch zur Einheit

Es waren Bilder, die um die Welt gingen: Jubelnde Menschen in ganz Deutschland liegen sich in den Armen und feiern überschwänglich die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten. In der dreiteiligen Dokumentation "1990 - Aufbruch zur Einheit" richtet der MITTELDEUTSCHE RUNDFUNK seinen Blick weniger auf die weltpolitischen Ereignisse in Berlin und Leipzig als vielmehr auf die Geschehnisse in der Region Mitteldeutschland. Im Mittelpunkt der Serie stehen die kleinen und großen Geschichten sowie die Menschen in den mitteldeutschen Dörfern und Städten. Das Werk, das eine Fortsetzung der Erfolgsserie "1989 - Aufbruch ins Ungewisse" ist, zeigt in beeindruckender Manier die faszinierenden Erlebnisse von bislang unbekannten Helden. Es kommen Menschen zwischen Harz und Elbe zu Wort, für die die politische Wende von einschneidender Bedeutung war. Sie berichten von Hoffnungen und Ängsten, von Verlusten sowie Gewinnen und erzählen von ihren großen und kleinen Taten auf dem Weg zur Einheit.

Der Dreiteiler zeigt bisher kaum bekannte Bilder aus einer Zeit des Umbruchs sowie der persönlichen und politischen Veränderungen in Mitteldeutschland. Zudem beleuchtet die Serie die persönlichen Entwicklungen der Protagonisten nach der Wiedervereinigung und zeigt, wessen Hoffnungen sich letztlich erfüllen konnten oder welche Träume zerplatzt sind. Vergessene Bilder aus den Fernseharchiven und nie öffentlich gezeigte Aufnahmen von Amateurfilmern lassen die Zeit der Umwälzungen aller Lebensbereiche neu erwachen.

Während Mitte Januar 1990 Bilder von der Belagerung und Erstürmung der Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit um die Welt gehen, geht es in der DDR-Provinz deutlich ruhiger zu. Doch auch hier ändern sich die Verhältnisse spürbar, die Menschen lechzen nach Dingen, die sie jahrzehntelang entbehren mussten. Ganz wichtig: ungefilterte Informationen in unabhängigen Zeitungen. Aufgrund mangelnder Alternativen gründen viele Menschen ihr eigenes Organ. So auch in der sächsischen Kleinstadt Werdau, wo aktive Mitglieder des Runden Tisches die erste alternative Zeitung, das "Werdau-Crimmitschauer Wochenblatt", ins Leben rufen. Mit Erfolg wird nicht nur über Missstände aufgeklärt, die Gründer des neuen Blattes können auch dazu beitragen, dass sich das schwierige Verhältnis zwischen der örtlichen Polizei und den Einwohnern normalisiert. Schnell kommt dabei zu Tage, dass eine Reformation der staatlichen Presse noch nicht stattgefunden hat.

Nicht nur auf politischer Ebene nähern sich Ost und West im Laufe des Frühjahrs 1990 an, auch finanziell wollen beide Seiten voneinander profitieren. Geschäftsmänner aus dem Westen tummeln sich zwischen Thüringer Wald und Elbe. Harry S. Morgan ist einer von ihnen, doch der Düsseldorfer ist weniger an brachliegenden Produktionsstätten sondern vielmehr an nackter Haut interessiert: Er wittert das große Geld mit Sex-Aufnahmen von DDR-Bürgern. Dem bisherigen Tabuthema Porno nähert er sich zwar mit Fingerspitzengefühl, überraschende Feststellungen bleiben jedoch nicht aus. Gleichzeitig entdecken auch viele DDR-Bürger ihren Unternehmersinn, den Kaufrausch ihrer Mitbürger wollen sie sich zunutze machen. Während im sächsischen Weida das Ehepaar Egler seine Ware im ersten ostdeutschen Quelle-Verkaufsshop unter die Menschen zu bringen versucht, wollen die Schützes in Zschopau den Appetit ihrer Nachbarn auf exotische Obst- und Gemüsesorten stillen.

Um weitaus größere Transaktionen geht es dagegen im thüringischen Eisenach. Die Heimat des Wartburgs, eines der DDR-Statussymbole, lockt zahlreiche Vertreter der westdeutschen Automobilindustrie an. Sie wollen die hiesige Produktionsstätte übernehmen, denn schließlich winkt ein ganz neuer Absatzmarkt. Bei den Verhandlungen gilt es jedoch nicht nur, den besten Preis zu erzielen, auch bestehende Hürden müssen überwunden werden. Ähnliche Szenen spielen sich im benachbarten Waltershausen ab, wo es um die Zukunft des beliebten Allzweckfahrzeugs "Multicar" geht. Auch dort prallen unterschiedliche Mentalitäten aufeinander.

Im März 1990 beherrscht dann die Politik die Schlagzeilen: Die ersten freien und geheimen Wahlen zur letzten Volkskammer der Republik stehen an. Eine der zahlreichen neuen Kandidaten, die sich den DDR-Wählern präsentieren, ist Stefanie Rehm aus dem Erzgebirge, die eigentlich nie vorhatte, in die Politik zu gehen. Nachdem sie ihren eigenen Fluchtversuch über Ungarn im Sommer 1989 kurzerhand abgebrochen hatte, wird sie politisch aktiv, nimmt an den Montagsdemonstrationen in Leipzig teil und organisiert den Protest in der Heimat. Mit viel Enthusiasmus aber ohne jedes Vorwissen sitzt sie später als CDU-Abgeordnete in der Volkskammer und bekleidet schließlich ein von ihr nie für möglich gehaltenes Amt.

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