Spielbericht: EM-Finale - Portugal gg. Frankreich (1:0)

Spielbericht: EM-Finale - Portugal gg. Frankreich (1:0)

Ein Schuss, ein Tor, ein Europameister

11.07.2016 - 00:50 Uhr

Finalspiele haben, um mit einem Klischee einzusteigen, ihre ganz eigenen Gesetze: Allzu häufig sind sie taktisch geprägt, bestehen zu weiten Teilen aus Ballbesitzgeschnupper, und oft entscheidet wahlweise ein genialer Moment oder auch bloß das Elfmeterschießen. Immerhin letzteres war heute nicht erforderlich: Portugal hat sich nach 109 Minuten Rasenschach einen Moment lang aufgebäumt und den Titel erstmals nach Hause geholt.

Losgegangen war das Spiel erwartungsgemäß mit französischem Vollgasfußball und portugiesischem Abwehrkampf, der nach 8 Minuten tragisch endete: Bei einem Zweikampf ging Payet zu hart gegen Ronaldo vor und erwischte mit dem Knie das Standbein von CR7 ebenfalls am Knie. Der Real-Madrid-Star merkte wohl sofort, dass es nicht weitergehen würde, versuchte es aber wenige Minuten doch noch. Am Ende verließ er unter Tränen den Platz, für ihn kam Quaresma.

Danach ging das Spiel weiter wie gehabt: Frankreich attackierte nach Belieben über den linken Flügel und konnte auch regelmäßig flanken, nur fanden die hohen Bälle nie einen Abnehmer. Auch direktere Attacken brachten wenig, so in der 22. Minute, als es Sissoko zentral versuchte und aus 20 Metern abzog. Patricio konnte im letzten Moment mit den Fingerspitzen retten.

10 Minuten später war es wieder Sissoko, der aus halblinker Position im Strafraum zum Abschluss kam, nachdem er noch eine Pirouette hingelegt hatte. Sein Schuss allerdings war zu unplatziert und landete direkt bei Patricio.

Von den Portugiesen war offensiv hingegen nur selten etwas zu sehen: In der 39. Minute konnte Fonte vor dem Tor einen Eckball per Kopf verlängern, doch kontrollieren konnte er den Ball nicht. Das Leder ging weit über den Kasten.

Auch nach dem Seitenwechsel blieben die Franzosen deutlich überlegen: In der 54. Minute nahm sich Pogba ein Herz und drosch den Ball aus knapp 30 Metern aufs Tor der Portugiesen, doch über dieses Geschoss freuten sich nur die Fans hinter dem Kasten.

Sehenswerter wurde es in der 59. Minute, als es Deutschland-Killer Griezmann an den Ball schaffte und sein Glück versuchte. Patricio stand aber auch diesmal richtig und konnte den Ball locker fangen.

7 Minuten später gab es einen weiteren Griezmann-Hochkaräter zu bestaunen: Nach einer Flanke von links versuchte der Stürmer es mit dem Kopf und hatte den Torjubel fast schon auf den Lippen, doch sein Ball flog knapp am rechten Pfosten vorbei.

Doch selbst, wo die Zielsicherheit gegeben war, kamen die Franzosen nicht zum Torerfolg: In der 75. Minute hatte Giroud aus halblinker Position allerbeste Chancen, den entscheidenden Treffer zu landen, doch entschied er sich für das linke Eck, auf das auch Patricio spekulierte. Eine weitere Möglichkeit vertan, und die Zeit arbeitete für die Portugiesen.

Und auch wenn von denen in der 2. Halbzeit noch weniger zu sehen war als in der 1.: Sie hatten ihre Chance. In der 80. Minute spielte Nani eine Art Flanke in den Strafraum, die allerdings entweder heimtückisch oder lausig gespielt war und Lloris im französischen Tor in arge Bedrängnis brachte. Der Abpraller landete dann bei Quaresma, der es mit einem Fallrückzieher versuchte, den Lloris glänzend abwehren konnte.

4 Minuten später hatten wieder die Franzosen die Möglichkeit, das Spiel endlich zu entscheiden: Umtiti hatte den Ball da erfolgreich nach vorne gebracht und Sissoko gesehen, der mit jeder Menge Power aufs Tor spielte. Der Ball hätte perfekt gepasst, aber Patricio konnte ein weiteres Mal retten.

Und dann schien das Spiel entschieden zu sein: In der Nachspielzeit spielte Evra den Ball von links flach vors Tor, wo Gignac zum Schuss kam und schön verlängerte. Sein Ball aber landete nicht im leeren Tor, sondern nur am Pfosten, und das hieß: Ab in die Verlängerung.

Und nun tat sich Erstaunliches auf dem Platz, denn plötzlich begannen die Portugiesen, offensiven Fußball zu spielen: In der 95. Minute köpfte Pepe noch knapp am linken Pfosten vorbei, nachdem Quaresma mit einer Flanke durchgekommen war. 10 Minuten später gelangte Eder nach einer Quaresma-Ecke zum Kopfball und lenkte den Ball durchaus gefährlich und mit einem Aufpraller zentral aufs Tor. Lloris aber hatte aufgepasst und hielt die Kugel.

In der 2. Hälfte der Verlängerung ging es entsprechend weiter: Die Portugiesen blieben am Drücker und hatten ihre erste Chance nach einer Fehlentscheidung des Schiedsrichters, der kurz vor dem französischen Strafraum ein französisches Handspiel gesehen zu haben glaubte. In Wahrheit war hier eine portugiesische Hand an den Ball gekommen, doch es gab Freistoß. Und den hämmerte Guerreiro mit Wucht und Feingefühl fast ins Tor, traf aber nur die Latte. Glück für Portugals Elf, denn so zu gewinnen, wäre sicher nicht in ihrem Interesse gewesen.

Stattdessen gab es eine Minute später die nächste Chance, und bei der stimmte einfach alles: Eder spielte den Ball da aus etwas mehr als 20 Metern zentral flach ins linke Ecke, Lloris war da, doch diesen Schuss hätte selbst Neuer wohl nur mit Mühe gehalten. Der erste und letzte Treffer Eders in diesem Turnier bescherte Portugal den Titel.

Doch noch waren etwas mehr als 10 Minuten zu spielen, und in denen bäumten sich die leicht deprimierten Franzosen noch einmal auf: Ein langer Ball folgte dem nächsten, doch was 110 Minuten lang nichts gebracht hatte, blieb auch diesmal ungefährlich.

Nach einigen Nickligkeiten, etwas Theater und viel Zeitspiel war das Spiel dann endlich vorbei: Portugal ist - als Dritter der Gruppe F nach Ungarn und Island und ohne Siege in der Vorrunde - erstmals in seiner Geschichte Fußball-Europameister. Was minimalen Fußball mit maximalem Erfolg angeht, kann damit selbst Italien noch etwas lernen.

Der ewig unvollendete Ronaldo feiert - wenn auch nur von der Bank aus - seinen ersten internationalen Titel, 12 Jahre nach dem Sieg der Griechen und 24 Jahre nach dem ebenso unwahrscheinlichen Triumph der Dänen wird damit ein weiteres Mal ein Außenseiter Meister. Gratulation dafür!

Damit sagen wir danke für euer Interesse an unserer EM-Berichterstattung. Weiter geht's mit unseren Fußballfunk-Livetickern am 29. Juli in der 3. Liga, am 5. August in der 2. Bundesliga, am 20. August im DFB-Pokal und ab dem 27. August in der Bundesliga.