Ja, Virginia...

Ja, Virginia...

Advent, Advent

22.12.2013 - 14:06 Uhr

Eine der journalistisch anrührendsten Weihnachtstraditionen, die auch diesmal weltweit wieder Tausende Zeitungsseiten füllen dürfte, feiert in diesem Jahr ihren bereits 116. Geburtstag: Der berühmte Virginia-Brief, mit dem die kleine Virginia O'Hanlon im Jahre 1897 durch eine Anfrage an die New Yorker Zeitung The Sun - nicht zu verwechseln mit dem britischen Revolverblättchen gleichen Namens - abschließend klären wollte, ob es den Weihnachtsmann, der ihr von einigen Freunden ausgeredet worden war, denn nun tatsächlich gab.

Church und Virginia

Francis Church und die kleine Virginia

Resultat ihrer Anfrage war ein Leitartikel von The-Sun-Verleger Francis Church, der seiner gerade einmal achtjährigen Leserin im September 1897 zu versichern wusste:

Ja, Virginia, es gibt einen Weihnachtsmann, auch wenn man ihn nicht sehen mag. "Die wichtigsten Dinge", so argumentierte Church, "bleiben Kindern und Erwachsenen meistens unsichtbar. Die Elfen zum Beispiel, wenn sie auf den Mondwiesen tanzen. Trotzdem gibt es sie. Was Du auch siehst, Du siehst nie alles. Warum? Weil es einen Schleier gibt, der die wahre Welt verhüllt, einen Schleier, den nicht einmal die größte Gewalt der Erde zu zerreißen vermag. Nur Glaube und Poesie und Liebe können ihn lüften. Dann werden die Schönheit und die Herrlichkeit dahinter auf einmal zu erkennen sein. 'Ist das denn auch wahr?', magst Du fragen. Virginia, nichts auf der ganzen Welt ist wahrer und nichts beständiger."

Eine stichhaltige Argumentation, die Virginia sicherlich beruhigte und auch die erwachsenen Leser der Sun sichtbar beeindruckte. Während der Artikel zunächst eher unbemerkt blieb - allein an jenem 21. September, an dem er abgedruckt wurde, gab es 6 weitere Leitartikel in der Sun -, kamen in den folgenden Jahren regelmäßig Anfragen bei der Zeitung an, sie möge ihren berühmten Leitartikel doch bitte wieder und wieder abzudrucken.

Lange widersetzte sich die Sun diesem Ansinnen, um keinen einzelnen Autor oder Artikel über die Redaktion und damit über die Zeitung zu heben, doch in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts änderte sich die Einstellung der Sun, und der Virginia-Brief wurde endgültig zur Weihnachtstradition. Als die Sun 1950 eingestellt wurde, übernahmen andere Zeitungen den Staffelstab und machten Churchs Plädoyer für Weihnachten und den Weihnachtsmann und gegen die allzu häufige Skepsis an unsichtbaren und noch wirkungsvollen Mächten zum inzwischen meistreproduzierten englischsprachigen Zeitungsartikel der Welt.

CGI

Inzwischen ist Virginia zur CG-Figur geworden

Bereits 1932 wurde er dann zur Grundlage einer Kantate, 1974 zu einem emmy-preisgekrönten Zeichentrickweihnachtsspecial und 1991 zu einem Fernsehfilm mit Charles Bronson. Weitere Adaptionen folgten 1996 in Form eines Weihnachtsmusicals und 2009 mit dem CG-Trickspecial "Yes, Virginia", das seither alle Jahre wieder im US-Fernsehen zu sehen ist.

Für diese Fassung gab es 1974 einen Emmy

An die schlichte Überzeugungskraft von Churchs Originalartikel kamen jedoch selbst die besten Neufassungen nur selten heran, und so möchten wir mit Churchs Text schließen:

Yes, Virginia

We take pleasure in answering at once and thus prominently the communication below, expressing at the same time our great gratification that its faithful author is numbered among the friends of The Sun:

Dear Editor,

I am 8 years old. Some of my little friends say there is no Santa Claus. Papa says 'If you see it in The Sun it's so.' Please tell me the truth: is there a Santa Claus?

Virginia O'Hanlon 115 West Ninety-fifth street

Virginia,

your little friends are wrong. They have been affected by the skepticism of a skeptical age. They do not believe except they see. They think that nothing can be which is not comprehensible by their little minds. All minds, Virginia, whether they be men's or children's, are little. In this great universe of ours man is a mere insect, an ant, in his intellect, as compared with the boundless world about him, as measured by the intelligence capable of grasping the whole of truth and knowledge.

Yes, Virginia, there is a Santa Claus. He exists as certainly as love and generosity and devotion exist, and you know that they abound and give to your life its highest beauty and joy. Alas! how dreary would be the world if there were no Santa Claus. It would be as dreary as if there were no Virginias. There would be no childlike faith then, no poetry, no romance to make tolerable this existence. We should have no enjoyment, except in sense and sight. The eternal light with which childhood fills the world would be extinguished.

Not believe in Santa Claus! You might as well not believe in fairies! You might get your papa to hire men to watch in all the chimneys on Christmas Eve to catch Santa Claus, but even if they did not see Santa Claus coming down, what would that prove? Nobody sees Santa Claus, but that is no sign that there is no Santa Claus. The most real things in the world are those that neither children nor men can see. Did you ever see fairies dancing on the lawn? Of course not, but that's no proof that they are not there. Nobody can conceive or imagine all the wonders there are unseen and unseeable in the world.

You may tear apart the baby's rattle and see what makes the noise inside, but there is a veil covering the unseen world which not the strongest man, nor even the united strength of all the strongest men that ever lived, could tear apart. Only faith, fancy, poetry, love, romance, can push aside that curtain and view and picture the supernal beauty and glory beyond. Is it all real? Ah, Virginia, in all this world there is nothing else real and abiding.

No Santa Claus! Thank God! he lives, and he lives forever. A thousand years from now, Virginia, nay, ten times ten thousand years from now, he will continue to make glad the heart of childhood.