Der Glöckner als TV-Figur

Der Glöckner als TV-Figur

Zurück nach Notre Dame

18.03.2014 - 17:39 Uhr

Zu den meistverfilmten Autoren Hollywoods zählt - neben den üblichen Verdächtigen von Robert Louis Stevenson bis Alexandre Dumas - auch Victor Hugo, der erst 2012 mit der Musicalfassung seiner Elenden wieder zum Oscargarant wurde. Nach 10 Kinoadaptionen seines Glöckners von Notre Dame - die erste erfolgte bereits 1905, die bislang letzte führte ein Jahr nach Disneys Zeichentrickfilm Salma Hayek und Homeland-Star Mandy Patinkin zusammen - plant Fremantle Media nun eine TV-Serie über Quasimodo und Esmeralda.

In den 80ern hatte Joffé gute Chance, der nächste David Lean zu werden

Die Bertelsmann-Tochter hat sich dazu mit dem in den 80er Jahren doppelt oscarnominierten - und seither weitestgehend abgestürzten - Regisseur und Drehbuchautor Roland Joffé zusammengetan, der sein Talent zwischen 1984 und 1989 auf einer Erfolgswelle ritt und damals mit dem Rote-Khmer-Film Killing Fields - Schreiendes Land, dem Südamerika-Sklavendrama Mission und seinem Film über das Manhattan Project, Die Schattenmacher, gleich mehrfach unter Beweis stellen konnte. Die Schattenseite von Joffés Karriere: Als Produzent war er schon damals für den unsäglichen Super-Mario-Film mitverantwortlich, und seit Beginn der 90er Jahre hat er eigentlich nur noch Flops hingelegt, darunter den cineastischen Unfall Captivity und das Historiendrama There Be Dragons, das zwar visuell beeindruckte, aber inhaltlich an Substanzmangel einging.

Trotz dieser Pleiteserie will er offenbar aber auch mit "Ugly", so der Name seines Projekts über den Glöckner, keine kleineren Brötchen backen. Den Inhalt der Serie beschreibt Joffé mit besonders großen Worten: "Es ist grausame Ironie, dass die Schönheit, so sehr sie auch erstrebenswert ist und angestrebt wird, sowohl für diejenigen, die sie besitzen, als auch für diejenigen, die sie nur wollen, ein Gefängnis sein kann. In unserer Geschichte ist 'Ugly' schön und vieles, das auf den ersten Blick schön erscheint, ist in Wahrheit hässlich. So ist das Leben, und unsere Geschichte befasst sich mit dem Leben, der Liebe, Grausamkeit und Mitgefühl, Geld und Moral."

In den 80ern war Joffé auf epische und dramatische Stoffe spezialisiert

Gleiches ließe sich problemlos auch über jede Telenovella sagen, aber die eigentliche Handlungsbeschreibung klingt dann doch etwas anders:

1695 wird im Schloss des Comte de Chateaupers ein Kind geboren. Auf die Freude über die Geburt folgt schnell allgemeines Entsetzen, denn der kleine Junge ist deutlich missgebildet. Seine Großmutter will ihn deshalb mit einem Kissen ersticken, um ihm ein Leben voller Schmerzen und Verzweiflung zu ersparen, doch etwas in seinem Blick lässt sie einhalten. Einige Stunden später entdeckt eine reisende Schauspielertruppe einen Korb, in dem ein denkbar hässliches Neugeborenes liegt, während dem Comte de Chateaupers sein Erbe vorgestellt wird, ein Kind, das ohne sein Wissen einer armen Frau aus dem Dorf abgekauft wurde.

Eine freiere Interpretation als Disney dürfte die Serie immerhin nicht liefern

Wer jetzt wahlweise eine der 10 Verfilmungen oder gar den Originalroman kennt, mag sich fragen: Und wie passt das jetzt zu Victor Hugo? Nun, es sieht so aus, als wird der Glöckner für "Ugly" eher eine vage Grundlage denn eine vollwertige Vorlage werden, und das wird sicherlich gewisse Probleme mit sich bringen. Andererseits bleibt so aber zumindest die Chance erhalten, mit einer der erfolgreichsten Romanhandlungen der Literatur- und Kinogeschichte immer noch für Überraschungen gut zu sein.