Werkstatt der Superlative

Werkstatt der Superlative

Im November bei schlechtem Wetter hätte er die Finger davon gelassen. Aber es war Mai und die Kastanien blühten, als der Pharmaunternehmer Fritz Straub 1990 im maroden aber romantischen Gründerzeit-Innenhof der Deutschen Werkstätten Hellerau stand. Und er hatte schnell das Gefühl, dass das kein "Allerweltsunternehmen" ist, was hier hinter bröselnden Mauern die DDR überlebt hatte. Straub suchte gerade nach einem Neuanfang in seinem Leben und kaufte kühn und ohne etwas von Holz, Innenausbau oder gar Möbeln zu verstehen, das Traditionsunternehmen von der Treuhand. Der Name sollte wieder glanzvoll klingen. So wie damals, als die Werkstätten von Karl Schmidt Ende des 19. Jahrhunderts gegründet wurden. Die Deutschen Werkstätten Hellerau hatten damals bereits die Idee von Ikea vorweg genommen: Möbelsysteme, die zerlegbar und einfach wieder zusammen zu bauen sind, schön und praktisch.

In der DDR überlebte die Firma mit dem Bau von Möbelsystemen für jede Wohnungsgröße. Die berühmte Schrankwand aus Hellerau war auch damals kein "Allerweltsprodukt". Aber auch der Innenausbau großer Prestigeprojekte, wie das Gewandhaus in Leipzig gehörte zum Repertoire des Dresdener Tischlereibetriebs. Darauf konnte man nach der Wende aufbauen. Fritz Straub kombinierte das brillante Können der Tischler mit seiner unternehmerischen Risikobereitschaft, obwohl nach dem Mauerfall niemand mit einer ostdeutschen Firma über Luxus und Design sprechen wollte. Millionen-Aufträge für ein marodes Ost-Unternehmen, das war für viele ausgeschlossen. Und tatsächlich lief auch nicht immer alles glatt. Schon beim ersten Großauftrag musste man schmerzhaft erfahren, dass nicht der Geschmack der Tischler, sondern der des Bauherrn entscheidend ist. Man fing von vorn an und zahlte drauf. Danach wurde es besser.

Heute hat die Firma Jahresumsätze von 40 Millionen Euro. Die Projekte klingen schillernd: Ausbau von Luxushotels, Bürohochhäusern, Millionärsvillen, Yachten, aber auch Prestigeprojekte wie das Auswärtige Amt oder die Herstellung der Möbel für die Londoner Tate-Gallery. Der Preis allerdings ist hoch. Über viele der Projekte muss die Firma Stillschweigen bewahren. Die Bauherren und Auftraggeber bestehen darauf. Die Deutschen Werkstätten dürfen nicht hausieren gehen mit dem was sie können. Sie sind ein teurer Geheimtipp in der Branche. Und es ist ein täglicher Kampf, sich auf diesem Markt immer wieder unter Beweis zu stellen.

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