Waffenlose Front
Reportage von Steffen Lipsch Der Spaten auf der Schulterklappe war ihr Erkennungszeichen: Vor genau 50 Jahren am 7. September 1964 war die Geburtsstunde der Bausoldaten, einer waffenlosen Einheit innerhalb der Nationalen Volksarmee. Der Beschluss der DDR-Volkskammer über so genannte 'Baueinheiten' war einmalig im gesamten früheren Ostblock. Anscheinend kam der selbsternannte 'Arbeiter- und Bauernstaat' damit großzügig denjenigen entgegen, die aus religiösen oder anderen Gewissensgründen keinen Dienst an der Waffe leisten wollten. Informiert wurde die Öffentlichkeit aber kaum über diese Möglichkeit, allenfalls in Kirchenkreisen war der Ersatzdienst bekannt. Dennoch sind in den 25 Jahren bis zum Ende der DDR zwischen 12.000 und 15.000 junge Männer Bausoldaten geworden - mit weitreichenden Konsequenzen für ihr privates und berufliches Leben. Stephan Schack, Ex-Bausoldat aus Naumburg: 'Als dieses Kasernentor hinter mir zuschlug, wurde mir bewusst, dass das einer der schwärzesten Momente meines Lebens war.' Bausoldat werden, das bedeutete oft das Aus für einen Studienplatz. Es bedeutete Schikane durch Vorgesetzte und Dienst weit weg von zu Hause, oft zum letztmöglichen Zeitpunkt, wenn die Soldaten schon Familie hatten. Es bedeutete harte und gefährliche Arbeit: anfangs beim Bau militärischer Anlagen, später in der Braunkohle, in Chemiedreieck oder beim Bau des Hafens in Mukran. Vorgesetzten und Kameraden galten die Bausoldaten oft als 'Drückeberger', der Stasi als ausgemachte Feinde des Systems. Nicht ohne Grund: Vor allem in den 80er-Jahren entstand ein regelrechtes Bausoldaten-Netzwerk, das für das Zustandekommen der friedlichen Revolution von 1989 eine wichtige Rolle spielte. Zum 50. Jahrestag des Bausoldaten-Erlasses entdeckt das MDR FERNSEHEN, wie präsent das Thema noch heute bei den Menschen in Mitteldeutschland ist. Drehorte sind unter anderem Prora und Merseburg, wo einst die größten Einheiten stationiert waren.