Unsere Geschichte - Meine Kindheit auf St. Pauli

Unsere Geschichte - Meine Kindheit auf St. Pauli

Hamburg-St. Pauli: Das ist für viele Menschen die Reeperbahn, eine glitzernde Vergnügungsmeile voller Versuchungen. Hier werden Kinder ein bisschen schneller erwachsen als anderswo. Die St. Paulianer, die sich in diesem Film an ihre Jugend erinnern, wuchsen abseits der Reeperbahn in den kleinen Nebenstraßen auf. In denen wohnen bis heute Menschen, die mit dieser Glitzerwelt nur wenig zu tun haben. Sie kennen beide Gesichter des Viertels. St. Pauli, das war in den 1950er-, 1960er- und 1970er-Jahren ein Arbeiterviertel, in dem Handwerker, Hafenarbeiter und Einwanderer Tür an Tür mit den Leuten aus dem 'Milieu' wohnten. Bis heute sind die Kiezkinder von einst stolz, in Hamburgs berühmtesten und berüchtigtsten Stadtteil groß geworden zu sein. Rolf und Bodo sind Söhne des Bäckermeisters Schumann. Nach dem Zweiten Weltkrieg lag die Bäckerei in Trümmern, nur der Ofen war stehen geblieben. Die Kinder halfen beim Wiederaufbau und lieferten bald mit dem Fahrrad Brötchen in ganz St. Pauli aus. Nur ein paar Meter vom Elternhaus entfernt führte der Schulweg auf der Großen Freiheit an den Schaukästen der Stripteasebars vorbei, in denen nackte Frauen zu bewundern waren. Karla Fejzagic wurde 1945 auf St. Pauli in der Wohnung geboren, in der sie bis heute lebt. Sie fragte sich als Kind lange, welcher Profession wohl die schönen Mädchen nachgingen, die in der Nachbarwohnung Zimmer mieteten. Franco und Mafalda Cuneo wuchsen in der Davidstraße auf, gegenüber vom Lokal ihrer Eltern. Die Großeltern eröffneten bereits 1905 eines der ersten italienischen Restaurants, denn das Hamburger Hafenviertel war bereits multikulturell, bevor dieser Begriff überhaupt erfunden wurde. Gäste des 'Cuneo' waren zu Anfang die vielen Seeleute, die dort fern der Heimat südländisches Flair vorfanden. Vom Wohnzimmer der Cuneos hatte man freien Blick in die berüchtigte Herbertstraße. Und das war wohl der Grund, warum sämtliche Klassenkameraden von Franco nur allzu gern zum Hausaufgabenmachen zu ihm kamen.

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