Taiwan: Mit Heavy Metal ins Parlament

Taiwan: Mit Heavy Metal ins Parlament

Seine Fans kennen ihn im schwarzen Bühnen-Outfit und mit wilder Bemalung im Gesicht. Seit 2016 müssen sie sich an ein neues Kostüm gewöhnen: Mit Anzug und Krawatte, die langen Haare zum diskreten Pferdeschwanz gebunden, sitzt Freddy Lim, der Leadsänger der Heavy-Metal-Band Chthonic nun als Abgeordneter der New Power Party in Taiwans Parlament.

Lims Geschichte erzählt viel von der Desillusionierung, die die Jugendlichen in Taiwan in den vergangenen Jahren erfuhren und von ihrem politischen Aufbruch im Frühjahr 2014. Damals fanden sich Schüler und Studenten im Protest zur sogenannten Sonnenblumen-Bewegung zusammen. Sie sahen sich als Verlierer der Annäherung an China, als Verlierer einer Politik, deren Profite nur in die Taschen des Establishments gingen. Freddy Lims New Power Party ist ein Versuch, mit der 2014 aufgekommenen Energie die Politik zu retten. "Ich habe Angst", sagt er, "dass all die Kraft sonst verpufft."

Über ein Jahr lang begleitete der Filmemacher Marco Wilms Freddy Lim bei dessen Auftritten im Parlament und in der Öffentlichkeit, wo er für mehr Transparenz, Bürgerbeteiligung und soziale Gerechtigkeit sowie weniger Abhängigkeit von China eintrat. Er reiste mit ihm nach Washington, wo Lim unter Chinas heftigem Protest an der Vereidigung des neuen US-Präsidenten Donald Trump teilnahm, nach Dharamsala zu seinem Idol, dem Dalai Lama, und nach New York, wo Lim für die Aufnahme Taiwans in die Vereinten Nationen warb.

"Taiwan: Mit Heavy Metal ins Parlament" ist ein temporeicher Film über einen rebellischen Künstler, der sich zum Realpolitiker wandeln muss und sich nichts weniger vorgenommen hat, als das politische System in Taiwan grundlegend zu modernisieren.

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