Scheidung vom Kind

Scheidung vom Kind

Familie und ErziehungDeutschland  

"37°" begleitet Väter, die sich nach der Scheidung aus dem Leben ihrer Kinder zurückgezogen haben. Wie kam es zum Kontaktabbruch, und wie wurden die Jahre ohne einander erlebt?

Bis heute quälen die Männer Schuldgefühle. Nach einer Zeit des Schweigens versuchen die Väter und ihre Kinder sich wieder anzunähern. Wir sprechen mit den betroffenen Vätern, den Kindern und den Ex-Frauen beziehungsweise Müttern.

Sebastian A. erlebte die Trennung von seiner Frau als Abwertung, die sein Selbstwertgefühl verletzte und seine väterliche Autorität untergrub. Er setzte einen Schlussstrich und zog von Bayreuth nach Ludwigshafen. Hier begann er ein neues Leben, stürzte sich in die Arbeit, übernahm viele Ehrenämter und füllte damit die Lücke, die nach dem Verlust der Familie bei ihm entstanden war. Bei seiner Tochter meldete er sich nur noch selten. "Dass der Kontakt zu meiner Tochter abbrach lag daran, dass ich in Wartestellung war. Wenn sie sich bei mir gemeldet hätte, hätte ich sie nicht abgewiesen." Zum Zeitpunkt der Scheidung war Tochter Laura 13, steckte mitten in der Pubertät und versuchte sich massiv von ihrem Vater abzugrenzen. Das alles überrollte Sebastian A. wie eine Lawine.

Er zog sich zurück und wartete darauf, dass sich seine Tochter beruhigte und ihn als Vater in ihrem Leben wünschte. "Vielleicht hätte ich auf sie zugehen müssen, statt abzuwarten. Aber sie gab mir das Gefühl, mich nicht zu brauchen, mich komplett abzulehnen." Zwischenzeitlich brach der Kontakt zu seiner Tochter komplett ab, und es herrschte Funkstille. Mittlerweile ist Laura 25, verheiratet und Mutter eines sechs Monate alten Sohnes. Ihr Vater versucht seit einiger Zeit den Kontakt zu ihr wieder aufzunehmen und einen Neuanfang zu starten, doch Laura ist verletzt. Für sie war Sebastian A. all die Jahre der unsichtbare Vater, der sich ihrem Konflikt nicht stellte.

Auch Michael J. wurde von seiner Frau verlassen. Damals war Sohn Laron gerade zwölf, als er seinen Vater mit gepackten Koffern aus seinem Leben verschwinden sah. "Dieser Moment zerreißt mir noch heute das Herz, als ich den Kleinen anschaute und mir sagte, ich muss jetzt stark sein für ihn, ihm sagen, dass auch er stark sein muss, denn vielleicht sehen wir uns niemals mehr wieder." Den Kontakt zu seinem Sohn hat er seitdem mehr oder weniger verloren. Michael J. gründete eine neue Familie, doch bis heute quälen ihn Schuldgefühle, seinem Sohn kein Vater geblieben zu sein. Nun aber will er sich seinem Sohn stellen, in der Hoffnung, einen Anknüpfungspunkt für eine Zukunft zu finden, die dem mittlerweile 22 Jahre alten Laron den gebührenden Platz in seinem Leben zurückgibt.

Nach einer Scheidung wachsen die meisten Kinder nach wie vor bei der Mutter auf. Die meisten Männer bleiben verantwortungsvolle, liebevolle Väter, andere wären es gern, aber verlieren den Kontakt zum Kind, weil die Ex-Frau ihn verhindert. Einem Drittel der Väter aber fällt es schwer, den Kontakt zum Kind zu halten: Plötzlich sind sie nicht mehr am Alltag beteiligt und treffen ihre Kinder nur noch am Wochenende. Manche Väter sehen ihre Kinder sogar noch seltener: Die Beziehung wird distanzierter, schnell stellt sich eine Entfremdung ein, bis es in manchen Fällen sogar zu einem kompletten Kontaktabbruch kommt.

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