Sammeln, betteln, musizieren

Sammeln, betteln, musizieren

Fußgängerzonen sind ihr Revier, Passanten ihr Publikum, die Münzen im Hut der Lohn. Sie sind Straßenkünstler und träumen längst nicht mehr von der ganz großen Karriere. Hobbymusiker, Jongleure, Pantomime, Straßenmaler - Berufe für Überlebenskünstler: Jobs, bei denen das Geld auf der Straße liegt, könnte man meinen. Doch es ist ein karger Lohn: Das Kleingeld, das ihnen Passanten spendieren, reicht kaum zum Leben. In München ist der Markt unter den Straßenmusikern hart umkämpft: Morgens um 8.00 Uhr müssen die Künstler erst einmal Schlange stehen. Barbara Breinl von der Stadtinformation entscheidet, wer auftreten darf und wer nicht. Maximal zehn Personen sind das pro Tag - fünf in der Vormittagsschicht und fünf am Nachmittag. Eine Genehmigung bekommt in der Regel, wer ganz vorne in der Reihe steht. Wer allerdings nicht mindestens drei vernünftige Stücke im Repertoire hat, sollte erst einmal weiter zu Hause üben, bevor er die Münchener Innenstadt beschallen darf. Stets unter den ersten Wartenden ist Alexander K. aus Polen, Statuen-Künstler und seit 15 Jahren in Deutschland. Man kennt ihn als "bronzefarbenen Mann" aus der Münchener Innenstadt. Acht Stunden steht er dort, bei gutem Wetter - fast täglich. Sein Kostüm - mit vielen Accessoires - hat er für viel Geld selbst entworfen. Bis er sich fertig geschminkt und die bronzene Farbe sorgfältig auf allen freien Hautflächen verteilt hat, dauert es fast zwei Stunden. Ab 12.00 Uhr muss er sich für den Rest des Tages konzentrieren. Dann heißt es: nicht blinzeln, nicht lächeln und stets auf demselben Fleck verharren. Auch in Leipzig gibt es viele Straßenkünstler. Doch hier darf noch jeder auftreten, wer Spaß daran hat. Gitarrist und Songwriter Falko Linß hofft, dass das so bleibt. Wenn eine höhere Instanz darüber entscheiden dürfte, ob er weiterhin in der Innenstadt spielen darf oder nicht, wäre das für ihn eine Art von Zensur. An die auferlegten Regeln hält er sich gern. Für ihn ist die Straße ein Sprungbrett für noch viel mehr. Mitunter kann in angesagten Gegenden Straßenmusik den Anwohnern auch kolossal auf die Nerven gehen. Vor allem, wenn manche Musiker nur ein Lied richtig können und es stundenlang spielen. Ist dann endlich der eine weg, kommt der nächste. Das Geld auf der Straße zu finden, das versuchen die Flaschensammler. Besonders wenn im hohen Alter das Geld knapp wird, bessern manche Senioren mit dieser Tätigkeit ihren Lebensunterhalt auf. Karin ist 70, ihre Rente ist winzig klein, fast täglich zieht sie durch die Straßen von Berlin-Wedding, sammelt auf, was andere so liegen lassen - und greift dazu auch in den Müll. Dafür schämt sie sich zwar, am Ende ist ihr das Kleingeld im Portemonnaie aber wichtiger. Ob Künstler oder Flaschensammler, sie sind mehr oder weniger auf die finanzielle Gunst der Passanten angewiesen. Die Reportage begleitet sie in ihrem harten Alltag.

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