Raus aus Deutschland

Raus aus Deutschland

Ein Deutscher wirbt auf einer anti-islamischen Internetseite um Deutsche, die Angst haben vor Überfremdung, vor dem Euro-Crash, dem großen Zusammenbruch - und auswandern wollen.

Sein Angebot: Baugrundstücke in Panama, in der Pampa am anderen Ende der Welt. Reporter Michel Abdollahi macht sich auf und folgt den Spuren der Angstauswanderer. Was treibt diese Menschen an? Und wollen sie wirklich flüchten vor Fremden, um woanders fremd zu sein?

In Panama landet Abdollahi zunächst in Panama City. Die Millionenstadt ist groß und modern und hat eine Skyline aus Wolkenkratzern. Eigentlich kennt man Panama eher von Briefkastenfirmen und Unternehmen, die mit Steuersparmodellen von hier aus die Sozialstaaten plündern. Doch glaubt man der Anzeige im Internet, klingt es wie ein Sehnsuchtsort für ängstliche Deutsche.

Die Finca Bayano ist weit von der Hauptstadt entfernt. Auf holprigen Straßen geht es acht Stunden Richtung Norden. Dort, zwischen grünen Hügeln und Feldern mit Bananenstauden, liegt das Anwesen von Stefan Mudry. Er hat vor sechs Jahren Deutschland verlassen, um ein Dorf für Angstauswanderer zu gründen. 70 Grundstücke, 50 Baugrundstücke und 20 Agrarflächen - insgesamt 30 Hektar Land. Ein guter Teil davon soll angeblich schon verkauft sein. "Ich bin hierhergekommen mit dem Hintergrund, dass es eines Tages einen Crash geben wird", sagt Mudry. "Und ich gehe davon aus, dass diese Sache mit den Flüchtlingen das ganze System sprengen wird." Wer ähnlich denkt und genug Kapital mitbringt, kann kommen. Ein Baugrundstück kostet 30 000 Dollar. 150 Menschen sollen hier mal leben.

Noch ist von einer Gemeinschaft aber nichts zu spüren. Auf den Feldern schuften nur die einheimischen Arbeiter und schleppen schwere Steine weg. Doch Mudry hat es bereits geschafft, Bananenplantagen anzulegen. Es gibt einen kleinen See und eine Quelle, deren Wasser später vielleicht einmal in den Städten verkauft werden soll. Ansonsten könne man vom Obst und Gemüse leben, das er in Bioläden verkaufen wolle, sagt Mudry. Steuern muss man fast keine zahlen in Panama. Für die Käufer sei das Projekt aber ohnehin kein Investment, sondern eine "Überlebensversicherung". Zur Not könne man auch die Blätter einiger Sträucher essen.

Mudry sieht durchaus die Beschränkungen, die das Leben auf seiner Finca bringt. Das nächste Dorf ist sieben Kilometer entfernt. Es gibt kein Kino, kein Theater, noch nicht mal einen Supermarkt. Doch die Frage, ob er sein Projekt nicht auch ein bisschen abstrus findet, weist er weit von sich. "Mit dem Eintreten der Flüchtlingswelle fühlen sich sehr viele Leute bedroht", so Mudry. "Und ich denke mir, ich kann das nachvollziehen." Später fügt er mit Blick auf einen möglichen Crash hinzu: "Es geht darum, ob wir überleben wollen oder nicht." Mudry weiß, dass er größtenteils als kruder Verschwörungstheoretiker wahrgenommen wird. Aber er glaubt, dass die Zeit ihm Recht geben wird.

Letzter Tag auf der Finca Bayano: Die Nacht war unruhig für Michel Abdollahi - der Strom ist ausgefallen. Und nach dem Aufstehen entdeckt er ein gebrochenes Wasserrohr, das Wasser ist abgestellt. Zudem ist das Essen zur Neige gegangen. Irgendwie scheinen existenzielle Sorgen auf dem Finca-Projekt der Angstauswanderer deutlich präsenter zu sein als in Deutschland. Michel tritt die Heimreise an. Doch er lässt noch ein kleines Dankeschön da. Weil Mudry findet, dass in der deutschen Nationalmannschaft zu viele Menschen mit Migrationshintergrund spielen, gibt es ein passendes Geschenk. Es ist ein Trikot der Deutschen - aber nicht irgendeines, sondern die Rückennummer 17. Der Spieler: Jerome Boateng.

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