Nach Fahrplan in den Tod

Nach Fahrplan in den Tod

Im Juni 2006 verurteilt das Verwaltungsgericht in Toulouse den französischen Staat und die staatliche Bahngesellschaft SNCF wegen der Deportation von Juden während des Zweiten Weltkriegs. Das Gericht sieht eine „Mitverantwortung“ der SNCF und der Republik für die Deportationen. Die Bahngesellschaft hätte niemals „gegen die Transporte protestiert“ und auch nicht versucht, diese zu sabotieren. Die französische Staatsbahn hatte sich an Deportationen von Juden in die Vernichtungslager beteiligt. Doch die SNCF will von einer Mitverantwortung an den Deportationen nichts wissen. Während der französische Staat das Urteil anerkannte, ging die SNCF gegen das Urteil von Toulouse in Revision. Mehr als 60 Jahre nach den Deportationen wird also noch immer um die Wahrheit gerungen, für die verbliebenen Überlebenden ein unerträglicher Zustand. Aber die SNCF war nicht die einzige Bahngesellschaft, die so handelte, auch andere europäische Bahnen, wie die Slowakische Staatsbahn „ZSR (Zeleznice Slovenskej republiky)“ und die „Nederlandsche Spoorwegen“ in Holland beteiligten sich aktiv an den Transporten. Wie die SNCF stellten auch sie für die Deutschen Waggons, Lokomotiven, Kohle und Personal bereit, arbeiteten Fahrpläne aus, fuhren ihre menschliche Fracht, oft in Viehwaggons zusammengepfercht, zunächst in die Sammellager, dann zur Staatsgrenze, wo dann die Deutsche Reichsbahn die Transporte in die Vernichtungslager übernahmen. Aus Frankreich wurden so etwa 76.000, aus Holland 107.000, aus der Slowakei 70.000 Juden deportiert. Nach dem Krieg will man von einer Beteiligung an den Deportationen nichts mehr wissen.

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