Mensch sein!
Leipzig ist Gastgeber für den 100. Deutschen Katholikentag. Das ist eine Herausforderung. Hier leben nicht nur weniger als vier Prozent Katholiken, in Sachsen schlagen auch die Wogen in der aktuellen Flüchtlingsdebatte besonders hoch. Wie die Einheimischen auf die feiernden Christen reagieren und wer mit wem auf dem Katholikentag debattiert, dem geht die Reportage von Ulli Wendelmann nach. Drei Menschen begleitet er während der fünf Tage.
Franziska, 22 Jahre alt, gehört zur Gemeinde der neu erbauten Propsteikirche. Der moderne, offene Kirchenbau in bester Citylage passt gut zum Selbstbewusstsein dieser jungen und wachsenden Gemeinde. So wie ihr Kirchturm die Silhouette der Stadt verändert hat, so mischen sich die Katholiken in die Belange ihrer Stadt ein. Die Konflikte um die Flüchtlingsfrage machen allerdings vor der Kirchentür nicht halt. Auch die Propsteigemeinde ist keine Insel der Seligen.
Dass öffentliche Einmischung nicht selbstverständlich ist, weiß Ludger Kemming. Der 90-jährige Pfarrer von Hamersleben hat als katholischer Priester in der DDR erlebt, wie eng damals die Grenzen für kirchliches Handeln waren. Anschaulich kann er über seine Diaspora-Erfahrungen erzählen. Heute muss er mit ansehen, wie Menschen ihre Heimat verlassen auf der Suche nach Arbeit und wie es denen zu Mute ist, die zurückbleiben.
Der Leipziger Polizeipräsident Bernd Merbitz ist zuständig für die Sicherheit dieses Großereignisses. Es soll für mehr als 20 000 Gäste ein fröhliches Fest werden mit spontanen Begegnungen und offenen Türen. Nach den Anschlägen von Paris und Brüssel keine leichte Aufgabe. Der gelernte Atheist kam erst vor einigen Jahren zum katholischen Glauben. Seine Berufserfahrungen als Leiter der Mordkommission brachten den heute 58-Jährigen erst ins Grübeln und dann zum Glauben.