Marathon Boy
Budhia Singhs Leben liest sich wie ein Drehbuch zu einem Bollywood-Film aus der Feder von Charles Dickens - oder zu einem dokumentarischen 'Slumdog-Millionaire'. Neben einer Eisenbahnlinie in Indien geboren, misshandelt und geschlagen von seinem Vater, wird er mit drei Jahren von seiner verarmten Mutter an einen Straßenhändler verkauft. Dazu bestimmt, ein trostloses Leben als Bettler zu führen, wird Budhia von einem engagierten Judotrainer namens Biranchi, der ein Waisenhaus für Slum-Kinder leitet, von der Straße geholt. Schon bald lässt Budhia ein bemerkenswertes Talent als Läufer erkennen. Biranchi, der sich im Rahmen seiner Arbeit schon für zahlreiche Slum-Kinder engagiert hat, ergreift die Gelegenheit, um ein Zeichen für die Armen Indiens zu setzen. Er sieht es als seine Mission an, aus Budhia ein Laufwunder zu machen. Innerhalb von einem halben Jahr absolviert Budhia zwanzig Halbmarathons; innerhalb von einem Jahr achtundvierzig Vollmarathons. Diese Leistung ist umso erstaunlicher, als Budhia erst vier Jahre alt ist. Er wird zum Liebling der Massen, zu einer indischen Ikone, und wo er auch hinkommt, sieht er sich von Menschen umringt. Biranchi ist inzwischen davon überzeugt, dass der Junge das Potenzial zu Indiens größtem Läufer und erstem Olympiasieger im Marathon hat. Als er den Jungen dazu bringt, eine 65 km Strecke zu laufen, bricht Budhia zusammen. Der Fall findet weltweit Beachtung; und besonders die ausländischen Medien sind empört. Die indische Regierung beschließt einzugreifen: Sie bezichtigt den Trainer der Kindesmisshandlung und droht damit, ihm den Jungen, den Biranchi inzwischen adoptiert hat, wegzunehmen. Doch dann wird Trainer Biranchi ermordet. Regisseurin Gemma Atwal verfolgte den Fall mit der Kamera sechs Jahre lang; das atemberaubende Material erzählt eine Geschichte, die niemanden kalt lässt - über Talent, Liebe, Ausbeutung und über das Leben und Überleben im modernen Indien.