Lauschangriff aus Dessau

Lauschangriff aus Dessau

"Es gibt Geheimdienste, die sind so geheim, supergeheim, dass praktisch keiner von ihrer Existenz weiß." Mit diesen Worten leitet Sabine Christiansen 1992 einen Bericht der "Tagesthemen" ein. Erstmals erfährt die breite Öffentlichkeit von der Existenz eines zweiten DDR-Geheimdienstes - neben der Staatssicherheit.

Seitdem sind 25 Jahre vergangen. Eine ganze Bundesbehörde mit rund 2.000 Mitarbeitern befasst sich seitdem ausschließlich mit der Stasi. Doch wer kennt schon den MIL-ND, den Militärischen Nachrichtendienst der NVA? Wie kann es sein, dass allen dieser "Supergeheimdienst" entgangen ist? Wie und wo hat er gearbeitet?

Fest steht, einer der zentralen Stützpunkte war Dessau. Hier arbeitet jahrelang hermetisch abgeschirmt das Funkaufklärungsregiment der NVA, quasi die NSA der DDR. Denn schon lange bevor die Skandale um den größten Auslandsgeheimdienst der USA Anfang 2013 publik werden, observieren von Dessau aus hunderte Cyberkrieger mit Richtfunkantennen und Parabolspiegeln den militärischen Funk - und Telefonverkehr Westeuropas.

Selbst Telefonate des US-Präsidenten aus der Air Force One werden von den Nachrichtenspezialisten in Dessau abgefangen. Doch nicht nur im Äther ist der NVA-Nachrichtendienst unterwegs. Seine Agenten operieren auch "hinter den feindlichen Linien" im Hauptquartier der NATO in Brüssel, in der Bundeswehr oder direkt im Verteidigungsministerium in Bonn.

"Ich hatte fünf Legalitäten. Das waren fünf ganz echte Ausweise von echt lebenden Personen in meinem Alter. Das einzige, was da von mir drin war, war mein Bild. Alles andere war original. Das Schwierige daran war jedoch, dass man bei einer Zufallskontrolle alles über die fünf fremden Personen wissen musste. Nicht nur das Geburtsdatum, sondern auch die Lebensumstände: wann sind Mutter und Vater geboren, was für ein Auto fährt man, wie viele Kinder hat man, lebt man im Reihenhaus oder in einer Mietwohnung", erinnert sich Dieter Popp, Agent des Militärischen Nachrichtendienstes der NVA.

Die Reportage begibt sich auf Spurensuche und hinterfragt, weshalb der nahezu unbekannte Geheimdienst bis heute nicht mehr als ein Schatten an der Wand ist. Gemeinsam mit Historikern und ehemaligen Mitarbeitern des Zentralen Funkaufklärungsdienstes in Dessau und durch historisches Filmmaterial will der Film Licht in das Dunkel des Militärischen Nachrichtendienstes der ehemaligen NVA bringen.

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